Die Corona-Krise beherrscht das alltägliche Leben von Millionen Menschen. Weltweit arbeiten Forscherteams daher an technologischen Lösungen, die bei der Bekämpfung der Pandemie helfen können. Wichtig dabei ist jedoch: Die Lösungen müssen kommuniziert werden – und zwar so schnell wie möglich – und zudem frei lesbar sein. Üblicherweise dauert es jedoch mehrere Wochen, bis eine Veröffentlichung den Peer-Review-Prozess durchlaufen hat. Bei diesem Verfahren zur Qualitätssicherung prüft ein unabhängiger Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet die wissenschaftliche Arbeit. Außerdem ist der Fachartikel vielfach nur für Abonnenten der jeweiligen Magazine lesbar. Bedingungen also, die bei der Eindämmung einer Pandemie hinderlich sind – und auch darüber hinaus. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT haben in Kooperation mit dem von Fraunhofer geführten Sekretariat der World Association of Industrial and Technological Research Organizations (WAITRO) mit dem SAIRA® Open Access Hub nun eine Möglichkeit geschaffen, Informationen und Technologien rund um Covid-19 einfach, schnell und offen zugänglich zu machen – und gleichzeitig den Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland zu stärken.
Einfach, schnell und offen zugänglich
»Die Plattform berücksichtigt die FAIR-Data-Prinzipien, nach denen Daten auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar sein sollten«, fasst Sabine Kolvenbach, Projektleiterin beim Fraunhofer FIT, zusammen. »Über die Plattform kann jeder Technologien und Inhalte einstellen und diese global verfügbar machen.« Damit die Qualität der Beiträge gewährleistet ist und bleibt, überprüfen Reviewer der Fraunhofer-Gesellschaft und assoziierte Partner der WAITRO die Veröffentlichungen und treten bei Bedarf mit den Autoren in Kontakt. Im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungswegen werden die eingehenden Beiträge umgehend bearbeitet, so dass sie innerhalb weniger Tage veröffentlicht werden.
Absicherung durch Blockchain-Technologie
Neben dieser »menschlichen« Qualitätsprüfung arbeiten die Forscherinnen und Forscher daran, die Plattform zusätzlich über eine Blockchain-Technologie abzusichern – hier stehen vor allem die Punkte Authentizität, Sicherheit und Nachvollziehbarkeit im Fokus. Wurde das Dokument verändert? »Eine Open Access-Plattform über eine Blockchain abzusichern, ist bisher einzigartig«, sagt Kolvenbach. Das Prinzip: Die hochgeladene Information besteht aus Bits und Bytes. Aus diesen Daten wird mittels asymetrischer Kryptographie der eindeutige Hashwert (digitaler Fingerabdruck) berechnet und dezentral – also auf vielen Computern verteilt – gespeichert. Kommen beispielsweise durch die Reviewer Änderungen hinzu, wird auch dies dezentral dokumentiert. »Ändert jemand auch nur einen Punkt oder ein Komma, so ändert sich auch der stetig dokumentierte Hash-Wert. Somit lässt sich jederzeit sicherstellen, dass der eingereichte Beitrag unverfälscht ist«, erläutert Kolvenbach. Der Open Access Hub soll an die bloxberg Blockchain angebunden werden, die von der Max-Planck-Gesellschaft initiiert wurde.
Digitale Identitäten
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Plattform liegt darin, dass künftig keine klassischen Benutzeranmeldeverfahren mehr nötig sein sollen. Die Rechte werden stattdessen auf Basis von dezentralen Identitätsmerkmalen, kurz DIDs, verwaltet. Diese Identitätsmerkmale können ausschließlich vom Nutzer selbst verwaltet werden, die Autorisierung erfolgt wie in der Blockchain über kryptografisch signierte Anfragen. Damit landet die Datenhoheit wieder ein Stück mehr in Nutzerhand. Genauer gesagt: Nutzer können ihre digitalen Zertifikate kryptographisch überprüfen lassen, ohne dem anfragenden Service zusätzliche Informationen über ihre Identität preiszugeben. Ein Beispiel dafür ist die Altersverifikation: Das Mindestalter lässt sich verifizieren, ohne dem Dienst das tatsächliche Alter mitzuteilen.
Initiiert wurde der Open Access Hub von der World Association of Industrial and Technological Research Organizations WAITRO, deren Geschäftsstelle seit 2019 von der Fraunhofer-Gesellschaft geführt wird. Aktuell hat die WAITRO rund 100 aktive Mitglieder in mehr als 40 Ländern, etwa drei Viertel der Mitglieder kommen aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Seit kurzem ist der Open Access Hub veröffentlicht – auch erste Beiträge sind bereits publiziert. Nun will das Forscherteam am Fraunhofer FIT ihn kontinuierlich erweitern.
Open Innovation
Neben der Plattform Open Access Hub umfasst das Projekt SAIRA® noch eine weitere, ergänzende Anwendung: Die Open Innovation Plattform. Ziel dieser Plattform ist es, Wissenschaftler, Start-Ups und Firmen zusammenzubringen, um Synergien zu bilden und Technologien zu fördern. Kurzum: Ideen sollen geteilt und Partner für die Umsetzung leicht gefunden werden können. Die SAIRA® Open Innovation Plattform wird bereits seit Anfang 2019 von der WAITRO Community erfolgreich genutzt und wird bis Ende dieses Jahres um neue Funktionen wie die Anbindung an die bloxberg Blockchain erweitert.
Mehr Informationen:
https://saira.eco/open-access-covid-19/