Antibiotika-resistente Keime versetzen Klinikpersonal und Patienten ständig aufs Neue in Panik – und kosten immer wieder Menschenleben. Das Problem: Die gängigen Antibiotika sind diesen Keimen nicht gewachsen, die Behandlung läuft oftmals ins Leere. Forscher suchen daher nach neuen Möglichkeiten, der mutierten Bakterien und Pilzen Herr zu werden.
Die Mandeln schmerzen bei jedem Schlucken? Man rennt ständig aufs Klo, das Wasserlassen brennt? Bei solchen Entzündungen greifen Mediziner zum Breitbandantibiotikum – der Patient ist bald wieder wohlauf. Zunehmend allerdings tauchen Bakterien und Pilze auf, denen die üblichen Breitbandantibiotika nichts anhaben können, sie sind resistent. Besonders problematisch ist das in Krankenhäusern. Zwar versucht das Klinik-Personal nach Kräften, ihnen durch gründliche Hygiene Einhalt zu gebieten. Dennoch kommt es immer wieder zu Krankheits-Ausbrüchen.
Ein Beispiel sind Acinetobacter-Bakterien. Gelangen sie in den Körper der Patienten und infizieren ihn, vergiften sie das Blut – das Leben des Menschen schwebt in höchster Gefahr. Auch der multiresistente »Klinik-Keim« MRSA – kurz für Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus – hat traurige Berühmtheit erlangt. Das Tückische: Die Resistenzen des Bakteriums variieren. Bei der Wahl des passenden Antibiotikums stochern die Ärzte daher oft im Dunkeln. Man muss ständig neu überprüfen, welche Resistenzen vorliegen – und wie man den Keim zu packen kriegt. Ist ein Patient infiziert, zählt jede Minute: Welche Resistenzen weist das Bakterium auf? Sprich: Welches der zahlreichen Antibiotika hilft?
Resistenzen aufspüren
Um den Resistenzen der Erreger auf die Spur zu kommen, arbeiten einige Kliniken mit dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart zusammen. Die Anzahl der verschiedenen Resistenzen ist riesig: Rund 60 bis 80 verschiedene Resistenzen sind bekannt. Oftmals zeigt ein Bakterium nicht nur eine einzige Resistenz, sondern zahlreiche – man spricht dabei auch von multiresistenten Erregern. »Finden wir heraus, welche Resistenzen ein Bakterium oder ein Pilz aufweist, können die Ärzte den erkrankten Patienten gezielt behandeln – und ihm ein Antibiotikum verabreichen, gegen das die Erreger nicht resistent sind«, erläutert Prof. Dr. Steffen Rupp, Abteilungsleiter und stellvertretender Institutsleiter am IGB.
Die Forscher am IGB erhalten von den Kliniken Patientenproben, in denen resistente Bakterien enthalten sind. Meist sind dies Blutproben, aber auch Abstriche oder Wundsekret sind möglich. Die Gründe für die Resistenzen verbergen sich entweder in Plasmiden – also DNA, die jedoch nicht zum ursprünglichen Teil des Genoms gehört und autonom in den Bakterien- oder Pilzzellen existiert. Oder aber sie entstehen durch Mutationen im Genom des Übeltäters. Die Forscher isolieren daher die Plasmide oder die Bakterien-DNA aus den Patientenproben, vervielfältigen sie und identifizieren die Reihenfolge ihrer einzelnen Bausteine. Diese Abfolge vergleichen sie über eine spezielle Software mit der DNA-Sequenz der bekannten Resistenzen. Welche dieser Resistenzen verbergen sich im Genom? Etwa ein bis vier Stunden später ist die Analyse geschafft: Dann haben die Mediziner Gewissheit, welches Antibiotikum dem Patienten helfen wird.