Sicherheit, Lebensdauer und Zuverlässigkeit für die Wasserstoffwirtschaft

Wasserstoff ist ein vielversprechender Energieträger, bei dessen Einsatz die Sicherheit höchste Priorität hat. Entsprechende Verfahren für die Qualifizierung der Werkstoffe und Bauteile von Wasserstoffanwendungen sind folglich unerlässlich. Zu betrachtende Einsatzgebiete reichen von der Elektrolyse, über die Speicherung bis zu Anwendungen im Mobilitäts-, Wärme/Energie- sowie Industriesektor. Eng verknüpft mit der Sicherheit ist die Frage der Lebensdauer. Die Fraunhofer-Institute bringen ihr Know-how in vielfältigen industriellen und öffentlich geförderten Projekten, die diese Aspekte adressieren, samt entsprechenden Prüfeinrichtungen ein.

 

Mit Sicherheit zu immer mehr Wasserstoff!

Die Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft erfordert eine breite Akzeptanz der Wasserstoffwirtschaft. Dies bedeutet insbesondere ein hohes Vertrauen in deren Betriebssicherheit. Sicherheitsrisiken oder Unfallgefahren müssen weitestgehend ausgeschlossen beziehungsweise minimiert werden. Die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff müssen eine lange Lebensdauer und hohe Zuverlässigkeit der Anlagen gewährleisten. Dies kann durch angepasste Lebensdauermodelle, die Auswahl qualifizierter Werkstoffe sowie die Kontrolle und ein systematisches Monitoring relevanter Zustands- und Prozessdaten erfolgen. Der gute Ruf einer innovativen Wasserstoff- Technologie „Made in Germany“ fußt somit nicht allein auf der Technologie selbst. Viel mehr setzt er Sicherheit, Lebensdauer und Zuverlässigkeit auf höchstem Niveau voraus, um international als Benchmark zu gelten.

Dieser Leitgedanke gilt für alle technischen Systeme, die für den Kunden- und Anwendernutzen einen Mehrwert erbringen sollen und dabei gleichzeitig eine hohe Lebensdauer und Zuverlässigkeit aufweisen müssen. Dabei spielen auch der Einsatz von Leichtbau sowie eine hohe Werkstoffeffizienz bei gleichzeitiger Einhaltung von Kosten für den Anwender eine wichtige Rolle.

Auch die im Rahmen der Energiewende speziell für die Wasserstoffwirtschaft entwickelten Technologien bedürfen einer Analyse in Bezug auf Verfügbarkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie Lebensdauer. Diese umfasst neben den Elektrolysesystemen, der Brennstoffzelle bei mobilen Anwendungen die Analyse von Systemen und Komponenten der Infrastruktur, wenn etwa Wasserstoff im vormaligen Erdgasnetz verteilt wird. Aber auch die geplante Nutzung des Energieträgers in der verarbeitenden Industrie, die bisher wie beispielweise die Stahlindustrie mit diesem Reduktionsmittel keine Berührung hatten. Dabei stellen sich Entwicklern, Herstellern und Anwendern zahlreiche Fragen nach dem geeigneten Lebensdauermodell, der richtigen Werkstoffauswahl, der Systemüberwachung und Sicherheitsbewertung. Zudem besteht aber auch der Bedarf für Methoden zur Bewertung der Systemzuverlässigkeit und Resilienz.

Die Sicherheit, Funktion, Zuverlässigkeit und Lebensdauer von Komponenten und Systemen werden stets durch H2-spezifische Werkstoffschädigungen infolge mechanischer, thermischer, chemischer und elektromagnetischer Lasten im Betrieb begrenzt, wenn die Schwachstellen nicht erkannt werden. Dem kann durch angepasste Lebensdauermodelle, die Auswahl von Werkstoffen mit hoher H2-Korrosionsresistenz sowie einem systematischen und geplanten Monitoring begegnet werden.

Wasserstoff, klar, aber sicher, zuverlässig und langfristig!

Neun Fraunhofer-Institute aus den Bereichen Systemanalyse, Sicherheit, Lebensdauer und Zuverlässigkeit des Fraunhofer Wasserstoff-Netzwerks widmen sich intensiv gemeinsam genau diesen Fragestellungen. Ihre Kompetenzen haben sie in einem Arbeitskreis gebündelt, um so auch gezielt Kunden ansprechen beziehungsweise die Fragestellungen beantworten zu können. So beschäftigten sich die Mitglieder im Kontext der Wasserstoff-Ökonomie mit Fragen zu wasserstoffspezifischen Lebensdauermodellen, zur Werkstoffschädigung und Schädigungsdetektion, zum Monitoring von Wasserstoff führenden Komponenten, zur Erfassung von Zustands- und Prozessdaten, sowie mit der Modellierung und Simulation von Sicherheits- oder Zuverlässigkeitsszenarien aber auch deren experimentellen Evaluation. Dabei bezieht sich der Arbeitskreis bewusst auf die Sicherheit, Auslegung und Optimierung von Anlagen, Prozessen und Komponenten wie H2-Elektrolyseuren, Infrastrukturkomponenten, Brennstoffzellen und Speichern. Dies wird durch Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, die sich im Ergebnis aus den Untersuchungen ableiten lassen, im Rahmen von Wasserstoff Testfeldern ergänzt.

Es werden Methoden erarbeitet, die eine effektive ganzheitliche Systembewertung und -überwachung ermöglichen und das Systemverhalten bis auf die Werkstoffebene mittels digitaler Sensorik und Sensormaterialien bewerten. Diese sichern eine hohe Verfügbarkeit von Anlagen, Prozessen und Mobilitätsanwendungen durch die rechtzeitige Detektion und Bewertung von Schädigungsvorgängen im Hinblick auf die Sicherheit und Lebensdauer, und sie ermöglichen eine rechtzeitige Instandhaltung. Wichtig sind dabei insbesondere die Sicherstellung einer hohen Anwendungsnähe sowie die Sicherheit der durch die Forschungsinstitute entwickelten Methoden und Konzepte.

Flankierend gehört zu den Arbeiten des Arbeitskreises SLZ auch die Mitarbeit in wissenschaftlichen und normativen Gremien für die Erarbeitung von Normen, Richtlinien und Umsetzungsempfehlungen im Kontext Wasserstoff.

Sicherheit durch Sichtbarkeit – Wasserstoff sichtbar machen

Wasserstoff ist bereits heute ein wichtiger Energieträger und seine Bedeutung wird in den kommenden Jahren im industriellen, aber auch in privaten Bereichen noch weiter steigen. Wasserstoff kann nicht gesehen, gerochen oder mit anderen menschlichen Sinnen direkt wahrgenommen werden. Es müssen daher Maßnahmen ergriffen werden, um Wasserstoff schnell, kostengünstig, sicher und verständlich anzeigen zu können. Nur so kann die zukünftige Nutzung von Wasserstoff in der Industrie, aber auch in Haushalten sicher gemacht werden.

Am Fraunhofer ISC wurde zusammen mit einem universitären Partner (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) ein Konzept entwickelt zum einfachen Nachweis von Wasserstoff durch einen neuartigen, partikelbasierten Pulverindikator. Einem Ampelsystem gleich kann dieser Indikator die Anwesenheit von Wasserstoff über einen zweistufigen Farbwechsel anzeigen. Die Besonderheit dieses flexiblen, pulverförmigen Indikators liegt in der Struktur der einzelnen Partikel. Es handelt sich um sogenannte Suprapartikel, die durch Sprühtrocknung hergestellt werden und aus Tausenden kleinerer Nanopartikel bestehen. In den Wasserstoff- Indikator-Suprapartikeln werden verschiedene Bausteine (Trägerpartikel, Katalysatorpartikel, Farbstoff) verwendet, die alle eine spezifische Funktion beim Nachweis von Wasserstoffgas haben. Durch die suprapartikuläre Struktur kann auf kleinstem Raum eine Mikroumgebung geschaffen werden, in der ein empfindlicher Farbstoff seine Molekülstruktur und damit seine Farbe ändern kann. Kommt der Suprapartikel mit Wasserstoff in Kontakt, kann das Gas in sein Porensystem eindringen und an den reaktiven Oberflächen der enthaltenen Katalysatorpartikel dissoziieren. Die aktivierten Wasserstoffatome reagieren dann mit den Farbstoffmolekülen und reduzieren diese zunächst irreversibel, was sich in einem ersten Farbumschlag von violett nach pink äußert. Bei weiterer Einwirkung von Wasserstoff kann das Farbstoffmolekül weiter reduziert werden und es kommt zu einem zweiten Farbumschlag von pink nach farblos. Sobald die Wasserstoffbelastung entfernt wird, gibt das Farbstoffmolekül den gebundenen Wasserstoff wieder ab und die Rückreaktion zum pinkfarbenen Zustand erfolgt. So entsteht ein Ampelsystem, das durch einen einfachen Farbwechsel die Anwesenheit von Wasserstoff in der Umgebungsluft anzeigt.

Der große Vorteil dieses neu entwickelten suprapartikulären Pulvers ist seine große potentielle Anwendungsbreite und seine einfache und kostengünstige Herstellung im großen Maßstab. Als Bestandteil von Handschuhen oder Lecksuchsprays können defekte Dichtungen in Rohrleitungen erkannt werden. Eingearbeitet in die Beschichtung von z.B. Wasserstofftankstellen, Autos oder Heizungsanlagen kann der Farbwechsel schnell und einfach auf eine Gefahr aufmerksam machen. Zum Auslesen der Ergebnisse ist weder eine elektronische Einheit noch Fachpersonal notwendig, da der Farbumschlag mit bloßem Auge von jedem erkannt werden kann.  

" "
© Fraunhofer ISC
Durch partikuläre Sensoren wird Wasserstoff sichtbar. So können z.B. Wasserstofflecks direkt erkannt werden.