Quantentechnologien - Fraunhofer-Projekte 2022

Auf dem Weg ins europäische Quanteninternet

Den Weg für ein europäisches Quanteninternet bereiten – mit einem ersten deutschen Quantenknoten eines länderübergreifenden Verschränkungsnetzwerks in Aachen: Dies ist ein Ziel der Ende 2021 vereinbarten Absichtserklärung zur engen Zusammenarbeit von Fraunhofer und QuTech, einer Kooperation der TU Delft und der niederländischen Forschungsorganisation TNO. Der Knoten soll als Entwicklungs- und Testumgebung für Netzwerkkomponenten und als Sprungbrett für einen europäischen Ansatz eines verschränkungsbasierten Quanteninternets dienen.

Bereits seit 2019 arbeiten das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und das QuTech zusammen an optischen Komponenten für die Quantenkommunikation und -information. Sie entwickelten eine Quantenfrequenzkonverter-(QFC-)Architektur, deren verbessertes Signal-Rausch-Verhältnis neue Maßstäbe beim Transfer von Quanteninformation setzt . Dies stellt einen entscheidenden Erfolg dar für die zügige Vernetzung von Quantencomputern an unterschiedlichen Standorten und damit für die Realisierung eines stabilen Quanteninternets. Weiterhin werden das Fraunhofer ILT und QuTech eng zusammenarbeiten, um komplexe QKD-(Quantum-Key-Distribution-)Netzwerke zu errichten, weitere Quantenknotenpunkte in Deutschland und in den Niederlanden aufzubauen und integrierte photonische Lösungen für solche Netzwerke zu entwickeln.

Die Kooperation der beiden Partner wird seit 2022 in der europäischen Quantum Internet Alliance intensiviert. Dieses von QuTech koordinierte Konsortium umfasst mehr als vierzig europäische Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die ein europäisches Quantennetzwerk aufbauen wollen, um Europa vor dem Hintergrund der sogenannten zweiten Quantenrevolution eine führende Rolle beim Aufbau eines Quantenökosystems zu sichern. Die Forschungsfortschritte sollen Europas Innovationskraft stärken, für Unternehmen und Gesellschaft sichere Kommunikation ermöglichen und technologische Souveränität gewährleisten.

Fraunhofer-Weltrekord: Quantenschlüssel generieren mit mehreren Kilobyte pro Sekunde auf internationalem Niveau

European Quantum Internet Alliance 

Datenschutz und Datenverarbeitung

Wir setzen zum Einbinden von Videos den Anbieter YouTube ein. Wie die meisten Websites verwendet YouTube Cookies, um Informationen über die Besucher ihrer Internetseite zu sammeln. Wenn Sie das Video starten, könnte dies Datenverarbeitungsvorgänge auslösen. Darauf haben wir keinen Einfluss. Weitere Informationen über Datenschutz bei YouTube finden Sie in deren Datenschutzerklärung unter: https://policies.google.com/privacy

Quantenprozessor mit Spin-Qubits in Diamant

Der Quantenprozessor, der in »SPINNING« entwickelt wird, ist in der Lage, mit geringem Kühlbedarf zu arbeiten. Somit hat er das Potenzial, in unmittelbarer Nähe herkömmlicher Computersysteme implementiert zu werden und so skalierbare und hybride Rechnerarchitekturen zu ermöglichen.
© James Thew – stock.adobe.com | Fraunhofer IAF
Der Quantenprozessor, der in »SPINNING« entwickelt wird, ist in der Lage, mit geringem Kühlbedarf zu arbeiten. Somit hat er das Potenzial, in unmittelbarer Nähe herkömmlicher Computersysteme implementiert zu werden und so skalierbare und hybride Rechnerarchitekturen zu ermöglichen.

Für einen Quantenprozessor »made in Germany« entwickelt ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF einen neuartigen Quantenprozessor. Das Verbundprojekt »SPINNING« (Quantencomputer auf Basis von Spin-Qubits in Diamant) zielt zudem auch auf die Peripherie ab, die notwendig ist, damit der Quantenprozessor an herkömmliche Computersysteme angebunden werden kann. Dies soll über einen kompakten, skalierbaren Quantenprozessor erreicht werden, der auf Spin-Qubits in Diamant basiert. Genutzt werden optisch adressierbare Farbzentren in einem Diamantsubstrat, die durch Stickstoff-Fehlzentren im Diamantgitter entstehen. Diese verfügen über einen Elektronen-Spin, der – gekoppelt an Kernspins von umgebenden Atomen – als Auslese-Qubit fungiert. Ziel ist es, die einzelnen Qubit-Register photonisch miteinander zu verbinden. Im Vergleich zu supraleitenden Quantencomputern können Qubits in Diamant ihre Superposition auch bei Raumtemperatur über mehrere Millisekunden aufrechterhalten.

Die geplante Hardware zeichnet sich im Vergleich zu heutigen Quantencomputern sowohl durch kleinere Fehlerraten, längere Kohärenzzeiten und somit Operationszeiten als auch durch einen geringen Kühlbedarf aus: Letzteres würde eine Implementation von Quantencomputern in unmittelbarer Nähe von herkömmlichen Computern erlauben.

Der Quantenprozessor soll zunächst mit 10, in der Folge mit 100 Qubits und mehr rechnen können und wäre damit auch in der Lage, die Produkte komplexer quantenchemischer Reaktionen zu berechnen. Einen besonderen Fokus legt das SPINNING-Konsortium auf die Konnektivität. Diese Eigenschaft bezeichnet die Anzahl von Qubits, die direkt adressiert und über große Abstände gekoppelt werden können. Dies stellt einen Faktor für das Quantenvolumen und somit die Leistung eines Quantencomputers dar.

Das Projekt SPINNING leistet einen wichtigen Beitrag zum Ökosystem der deutschen Quantentechnologie und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 16,1 Mio. € gefördert. Beteiligt sind unter den 28 Partnern auch das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB sowie das Forschungszentrum Jülich.

 

Presseinformation »Mit Diamant zum hybriden Quantenprozessor »Made in Germany««

Brücke vom Quanten- zum klassischen Computer

Permanente Verbindung eines Glasfaserkabels mit einem integriert optischen Quantenbauteil
© Universität Paderborn, B. Mazhiqi
Permanente Verbindung eines Glasfaserkabels mit einem integriert optischen Quantenbauteil

Ein Konsortium um das Stuttgarter Quanten-Start-up Q.ANT entwickelt im Projekt Phoquant Technologien für das photonische Quantencomputing. Neu an diesem Entwicklungsansatz für den industriellen Einsatz ist, dass dabei bis zu 100 Qubits auch bei Raumtemperatur nahezu verlustfrei geführt, gesteuert und kontrolliert werden sollen.

Aktuelle Quantencomputer-Chips müssen aufwendig auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt (–273,15 °C) heruntergekühlt werden und sind nicht geeignet für eine direkte Chip-Kopplung mit klassischen Rechnerarchitekturen. Das neue Photonik-Chip-Verfahren von Q.ANT, einer Tochter des Werkzeugmaschinenherstellers TRUMPF, soll die Symbiose aus Quantencomputern und herkömmlichen Großrechnern vereinfachen. Dabei werden hochspezielle Lichtkanäle auf Silizium-Wafern aufgebracht, damit Quanten in »photonic integrated circuits« genannten Schaltkreisen geführt werden können.

Zunächst bauen die 14 Partner eine Testanlage für photonische Quantencomputer-Chips und andere Quantencomputer-Komponenten auf. Die Fraunhofer-Institute für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF sowie für Photonische Mikrosysteme IPMS wirken dabei mit: Das Fraunhofer IOF und die Universität Jena entwickeln u. a. integriert-optische Quantenlichtquellen und verlustarme integriert-optische und faseroptische Interferometer als elementare Bausteine photonischer Quantenrechner. Das Fraunhofer IPMS entwickelt integrierte Schaltkreise mit hoher Anpassungsfähigkeit. Solche FPGA- und ASIC-Architekturen mit aktiven Schnittstellen erlauben eine hochpräzise Ansteuerung und Auswertung von Funktionalitäten des photonischen Quantencomputer-Chips.

Einen ersten Prototyp will das Phoquant-Konsortium Ende 2024 vorstellen. In fünf Jahren soll ein Quantencomputer-Chip entstehen, der weitreichende Berechnungen für industrierelevante Anwendungen durchführen kann. Ein erstes Beispiel soll die Echtzeitoptimierung von Ablaufplänen an Flughäfen bei unvorhergesehener Verspätung sein. Das Projekt Phoquant wird mit 42 Mio. € vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Weitere 8 Mio. € steuern die Konsortialpartner bei.

 

Presseinformation »Forschungsförderung für photonische Quantenchips«

Presseinformation »Photonischer Quantencomputer made in Germany«

Pilotlinien und Testlabore für EU-Quantenindustrie

Photonischer integrierter Schaltkreis für die Quantenkommunikation auf einer PolyBoard-Plattform
© Fraunhofer HHI
Photonischer integrierter Schaltkreis für die Quantenkommunikation auf einer PolyBoard-Plattform

Die erste Phase des »Quantum Flagship« der EU endete 2022: Zu den Erfolgen zählt u. a. ein Prototyp eines ersten skalierbaren Quantencomputers mit Ionenfallen. Realisiert wurde dieser Quantenrechner mit Ionen als Qubit-Informationsträger an der Universität Innsbruck mit Fraunhofer-Beteiligung. In der nächsten Phase des Quanten-Flaggschiff-Programms der EU ab 2023 liegt der Schwerpunkt darauf, Quantentechnologien hin zur Marktreife zu entwickeln und diese in der europäischen Industrie zur Anwendung zu bringen. Dies sind wesentliche Schritte für die technologische Souveränität Europas in einem international kompetitiven Wirtschaftsraum. Die Konsortien Qu-Pilot und Qu-Test organisieren zusammen den Aufbau von Pilotlinien für die Fertigung von Quantenkomponenten. Zudem werden sie für die europäische Quantenindustrie offene Test- und Applikationslabore für Prüf- und Entwicklungsverfahren bereitstellen. Die Unternehmen sollen ihre Fertigungskapazitäten und ihre Dienstleistungen im Bereich Forschung und Entwicklung für die jeweiligen Anwendungsfelder testen können.

Qu-Pilot wird erste vorwettbewerbliche Produktionsverfahren für Quantentechnologien entwickeln und der europäischen Industrie zugänglich machen. Dabei bauen die Partner auf bestehenden europäischen Infrastrukturen auf und verbinden diese miteinander. Die Pilotlinien sind entlang der relevanten Quanten-Plattformen ausgerichtet: Supraleiter, Halbleiter, Stickstoff-Fehlstellen (NV-Zentren) in Diamant und Photonik. Dazu stellen vier Fraunhofer-Institute ihre jeweiligen Fertigungskapazitäten zur Verfügung.

Das Konsortium von Qu-Test verbindet europäische Test- und Applikationslabore für Quantentechnologien. Europaweit verteilte Infrastrukturen vereinigen dazu ihre weltweit einzigartige Ausrüstung und Kompetenz. Ziel ist es, die europäische Quantenindustrie mit einer Infrastruktur und dem notwendigen Know-how zur Entwicklung und Charakterisierung von Prototypen und Produkten zu unterstützen und den Unternehmen einen schnelleren Marktzugang zu ermöglichen. Qu-Test ist auf die Anwendungsfelder Quantencomputer, Quantenkommunikation und Quantensensorik ausgerichtet. Auch hier bringen mehrere Fraunhofer-Institute ihre Kompetenzen ein.

 

Pressemitteilung zum Start der beiden EU-Quantenprojekte Qu-Test und Qu-Pilot (Englisch)

Forschungsfeld Quantentechnologien am Fraunhofer HHI