Ressourceneffizienz und Klimatechnologien - Fraunhofer-Projekte 2022

Faserverbundstoffe für E-Autos 30 Jahre wiederverwenden

30 Jahre lang weiterverwendbar: Fahrzeug-Plattform aus Faserverbundkunststoffen für E-Autos auf der Mailand Design Week
© Fraunhofer IWU
30 Jahre lang weiterverwendbar: Fahrzeug-Plattform aus Faserverbundkunststoffen für E-Autos auf der Mailand Design Week

Viele Branchen, darunter auch die Luftfahrt, setzen immer stärker auf kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe. Vorteilen wie niedriges Gewicht stehen jedoch Nachteile wie hohe Herstellungskosten und eingeschränkte Recyclingfähigkeit gegenüber. Bisher werden die aufwendig produzierten Bauteile meist auf der Mülldeponie entsorgt oder verbrannt. Eine wirtschaftlich sinnvolle Wiederverwendung ermöglichen nun neue Technologien und Produktideen für Faserverbundmaterialien. Entwickelt wurden diese im EU-Projekt »FiberEUse«. 20 Partner aus sieben Ländern waren daran beteiligt, darunter das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU.

Entstanden ist u. a. eine wiederverwendbare Plattform für E-Fahrzeuge. Die einzelnen Teile sind so beschaffen, dass sie nach dem ersten Leben eines Pkw bis zu weitere 30 Jahre nutzbar sein sollen. Neben dem Fahrzeugrahmen betrifft das auch eine zugehörige Sitzstruktur. Die Plattform besteht aus stranggezogenen Elementen mit kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK), die wesentlich zur Steifigkeit des Fahrzeugs beitragen und die Batterien vor den Auswirkungen eines Unfalls schützen. Durch die längere Nutzung lassen sich die hohen Produktionskosten wieder ausgleichen.

Um Plattform und Sitzstruktur als langlebige, kreislauffähige Produkte zu gestalten, wurden große, einfache Profile und Knotenelemente mit komplexer Geometrie kombiniert. Bei der Herstellung kommen Technologien wie Pultrusion (Strangziehen), Pressen oder lösbare Fügetechnologien zum Einsatz. Bei faserverstärkten Kunststoffen wird meist geklebt. Deshalb empfiehlt es sich hier, dem Klebstoff für das spätere Auftrennen thermisch ausdehnbare Partikel beizufügen. Nach dem Trennen lassen sich die Klebstoffreste beispielsweise per Laser oder mittels Fräsen entfernen und die Komponenten können erneut verklebt werden.

Am Fraunhofer IWU sind die Expertinnen und Experten überzeugt, dass der Ansatz der zirkulären Wirtschaft Kreislaufwirtschaft neue Geschäftsmodelle hervorbringen wird, insbesondere in der Automobilbranche. Um neue Produkte aus Rezyklaten herstellen zu können, entwickeln sie neue Wertschöpfungszyklen und Geschäftsszenarien.

 

Presseinformation »Kreislaufwirtschaft bei Fahrzeugrahmen und Autositzen«

Neues Leben für gebrauchte E-Bike-Motoren?

Die Projektpartner beim Kick-off-Treffen in Bayreuth (v.l.): Natalia Morkwitsch (O.R. Lasertechnologie GmbH), Carina Koop (Wuppertal Institut), Christopher Häfner (Fraunhofer IPA), Laura Jantz-Klinkner (Umweltcluster Bayern), Philipp Walczak, Abraham Flothow (Electric Bike Solutions GmbH), Jan Koller, Oliver Oechlse, Professor Frank Döpper (Fraunhofer IPA).
© Fraunhofer IPA
Die Projektpartner beim Kick-off-Treffen in Bayreuth (v.l.): Natalia Morkwitsch (O.R. Lasertechnologie GmbH), Carina Koop (Wuppertal Institut), Christopher Häfner (Fraunhofer IPA), Laura Jantz-Klinkner (Umweltcluster Bayern), Philipp Walczak, Abraham Flothow (Electric Bike Solutions GmbH), Jan Koller, Oliver Oechlse, Professor Frank Döpper (Fraunhofer IPA).

E-Bikes boomen. Doch bei einem Defekt am Fahrradmotor stößt die klassische Reparatur an ihre Grenzen – aus technischen und wirtschaftlichen Gründen. Die meisten defekten Motoren werden daher als Ganzes ersetzt. Eine ressourcenschonende Alternative stellt die Refabrikation (engl. Remanufacturing) dar. Im Rahmen der Fördermaßnahme »Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft – Innovative Produktkreisläufe (ReziProK)« des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zeigte das Projekt »AddRE-Mo« die technische Machbarkeit einer Refabrikation von Elektrofahrradmotoren mithilfe von 3D-Druck (Additiver Fertigung).

Dazu analysierte ein Konsortium unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA die Prozesskette: Eine optische Klassifikation der jeweiligen Motorvariante wurde mithilfe eines neuronalen Netzes getroffen, es folgten Beschreibungen von geeigneten, möglichst zerstörungsfreien Demontagepfaden. Neben der Auswahl geeigneter Reinigungskonzepte wurde zudem die Wiederverwendbarkeit bzw. mögliche Aufarbeitung der einzelnen Komponenten bewertet und schließlich durch die Remontage die technische Machbarkeit der Refabrikation von Elektrofahrradmotoren nachgewiesen.

Einen wichtigen Bestandteil für die Kreislaufwirtschaft stellen additive Fertigungstechnologien dar. Dies betrifft insbesondere die im Motor verbauten Zahnräder oder Drehmomentstützen. Deshalb analysierten die Partner geeignete additive Fertigungsverfahren und Materialien und fertigten schließlich Zahnräder unterschiedlicher Geometrien additiv. In einem eigens entwickelten Prüfstand wurden neben der Lebensdauer auch weitere Eigenschaften wie die Geräuschentwicklung und Temperaturbeständigkeit in unterschiedlichen Lastzyklen untersucht. Feldversuche unter realen Einsatzbedingungen bewiesen schließlich die technische Machbarkeit und Haltbarkeit der Refabrikation mit 3D-Druckteilen.

Als Projektpartner von »AddRE-Mo« waren neben dem Fraunhofer IPA beteiligt: Electric Bike Solutions GmbH, cirp GmbH, Trägerverein Umwelttechnologie-Cluster Bayern e. V. und das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH. 

 

Presseinformation »Ersatzteile für Elektrofahrräder aus dem 3D-Drucker«

Mikro-Bohrturbine bei Erkundung von Geothermie

Die Mikro-Bohrturbine bei Erkundung von Geothermie
© Fraunhofer IEG
Die Mikro-Bohrturbine bei Erkundung von Geothermie

Das Potenzial von Erdwärme im Kampf gegen den Klimawandel ist gewaltig. Das bis zu 200 °C heiße Wasser aus Tiefen von bis zu 5000 Metern wird in Förderbohrungen nach oben gepumpt und dort genutzt, um beispielsweise Dampfturbinen zur Stromerzeugung anzutreiben oder um Gebäude über Wärmepumpensysteme zu heizen. Danach fließt das abgekühlte Wasser über eine zweite Bohrung zurück ins Erdinnere und wird im heißen Gestein aufs Neue erhitzt.

Allerdings sind solche Bohrungen aufwendig und der Erfolg ist nicht garantiert. Das Fündigkeitsrisiko, also die Gefahr, nicht auf Heißwasser zu stoßen, ist gegeben. Die Technologie des zum Patent angemeldeten »Micro Turbine Drilling (MTD®)« soll das Risiko von Fehlbohrungen senken und die Förderleistung verbessern. Der Ansatz: Ein Minibohrer perforiert das Umfeld der Bohrung mehrere Meter tief. Dabei stößt er in benachbarte Risse und Klüfte vor und erschließt auch diese für die Heißwassergewinnung. Herzstück des MTD® ist eine Mikro-Bohrturbine mit 36 Millimeter Durchmesser und 100 Millimeter Länge. Der Bohrmeißel besteht aus einer Wolframcarbid-Matrix mit Diamantkörnern. Damit schleift er sich mit bis zu 80 000 Umdrehungen pro Minute in kristallines Gestein wie Granit und auch durch Stahl, wie er für Auskleidungen bei Bohrungen verwendet wird. Ein sogenannter Ablenkschuh ermöglicht es, dass die Turbine in einem Winkel von ca. 45 Grad aus der Hauptbohrung herausbohren kann. Damit erschließt das Bohrwerkzeug rund um die Hauptbohrung neue Risse und Klüfte, die Heißwasser führen. Entwickelt wurde das MTD® an der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG und am Fraunhofer-Chalmers Research Centre for Industrial Mathematics FCC. Das Verfahren konnte in der Schweiz im Bedretto Underground Laboratory (BUL) in der Nähe des Gotthard-Tunnels bereits erfolgreich getestet werden. Die Mikro-Bohrturbine erhielt 2022 einen »Red Dot Award« in der Kategorie »Industriegeräte«.

 

Presseinformation »Mikro-Bohrturbine verbessert Effizienz der Geothermie«

Netzwerke für zirkuläres Wirtschaften

CIRCONOMY® Hubs sollen Projekte der Kreislaufwirtschaft vernetzen
© Fraunhofer
CIRCONOMY® Hubs sollen Projekte der Kreislaufwirtschaft vernetzen

Soll die Kreislaufwirtschaft gelingen, müssen nachhaltige Produktion, nachhaltiger Konsum und zirkuläres Wirtschaften in der Praxis umgesetzt werden. Benötigt werden dafür technische und systemische Lösungen. Zudem empfiehlt sich eine Vernetzung der bereits existierenden Initiativen, damit nicht jede mit ihrem Know-how bei Null anfangen muss. Deshalb hat die Fraunhofer-Gesellschaft begonnen, ein deutschlandweites Netzwerk kleinerer Vorhaben, wie sie vielfach bereits um Fraunhofer-Institute herum entstanden sind, zu sogenannten CIRCONOMY® Hubs zusammenzuschließen. Dadurch entsteht eine gemeinsame Daten-, Wissens- und Lernplattform, auf die alle zugreifen und von der alle profitieren können. Hinter der transferorientierten Zusammenarbeit der Marke CIRCONOMY® steht u. a. die Selbstverpflichtung, zu den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen beitragen zu wollen.

Mehrere Fraunhofer-Institute haben gemeinsam eine Charta für Souveräne Wertschöpfungszyklen (SVC) erarbeitet, die eine Art Satzung für alle kooperierenden Initiativen der CIRCONOMY® Hubs bildet. Die Charta basiert auf drei Strategien für zukünftige nachhaltige Produktionsweisen und Konsumstile: konsequente Umsetzung von Kreisläufen, Schaffung von nachhaltigen Werten sowie Notwendigkeit gestalterischer Souveränität. Letztere soll insbesondere durch das Mitwirken von gesellschaftlichen Akteuren erreicht werden. Ein erster Hub wurde bereits rund um das Thema »Circular Carbon Technologies« ins Leben gerufen. Die Akteure befassen sich mit der Kopplung von Energie- und Rohstoffprozessen: beispielsweise, um nicht fossile Kohlenstoffquellen zu erschließen, um Kohlenstoff im Kreislauf zu führen oder zu binden und um diese Technologien in Energie-/ Wirtschaftskreisläufe zu integrieren. In lokalen Anwendungszentren sollen Demonstratoren für Circular Carbon Technologies (CCT) entstehen und unter Industriebeteiligung betrieben werden. Ende 2022 wurde ein zweiter CIRCONOMY® Hub zum Thema »Kreislaufwirtschaft für Baustoffe« initiiert.

Weitere Informationen zum Projekt CIRCONOMY® Hub