Deutscher Zukunftspreis 2013

Kontrolliert verdampft

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Mit ultrakurzen Laserpulsen lassen sich unterschiedlichste Werkstoffe schnell und präzise bearbeiten, ohne sie aufzuheizen. Mitarbeiter von Bosch, Trumpf, der Universität Jena und des Fraunhofer IOF haben Ultrakurzpulslaser zu einem erfolgreichen Werkzeug der Serienproduktion gemacht. Dafür haben sie am 4. Dezember 2013 den Deutschen Zukunftspreis erhalten.

Laser sind aus der industriellen Fertigung nicht mehr wegzudenken. Doch in bestimmten Bereichen stoßen konventionelle Systeme an Grenzen. Trifft ein Laserstrahl zum Beispiel auf Metall, erwärmt er es. Der Werkstoff schmilzt teilweise. Doch das Verhalten von geschmolzenem Material lässt sich nur schwer beherrschen. Es bilden sich Unebenheiten. Das Werkstück muss aufwändig nachbearbeitet werden. Das kostet Zeit und Geld. Ein weiterer Nachteil: Materialien wie Diamant und Saphir lassen sich so gar nicht bearbeiten.

Anders mit dem Ultrakurzpluslaser: »Durch die geschickte Wahl von Pulsdauer, Pulsenergie und Fokussierung wird das Material so schnell und stark erhitzt, dass es direkt verdampft«, beschreibt Stefan Nolte den besonderen Vorteil des Verfahrens. Nolte arbeitet als Professor für Experimental- und Laserphysik an der Friedrich-Schiller-Universität sowie am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena. Er hat wichtige wissenschaftliche Grundlagen für die neue Technik gelegt. Mit einem Ultrakurzpulslaser lassen sich nach und nach feinste Bereiche in der Größe von nur wenigen millionstel Millimetern (Nanometern) abtragen. Das verdampfte Material wird einfach abgesaugt. Ein vom Computer gesteuertes Spiegelsystem lenkt die Laserpulse blitzschnell an die richtige Stelle. »Hunderttausende Pulse pro Sekunde ermöglichen eine schmelzfreie Bearbeitung in höchster Präzision«, erläutert Dr. Jens König von dem Technologieunternehmen Bosch. Ingenieure bezeichnen das auch als »kalte Bearbeitung«. So kann man sogar feinste Strukturen auf einem Streichholzkopf gravieren, ohne dass er entflammt.

»Mit dem Ultrakurzpulslaser ist die Produktion in beinahe unvorstellbar winzige Zeitdimensionen vorgestoßen. Ultrakurz bedeutet hier: Pulse mit Pikosekunden-Dauer, das sind 10-¹² Sekunden«, erläutert Dr. Dirk Sutter vom Laserhersteller Trumpf. Zum Vergleich: Während ein Lichtstrahl für die Strecke von der Erde bis zum Mond gut eine Sekunde benötigt, gelangt er in einer Pikosekunde gerade einmal 0,3 Millimeter weit.

Experten nutzen schon seit einigen Jahren ultrakurze Laserpulse, um auch hochempfindliche Materialien präzise und schonend zu bearbeiten. Doch das Verfahren kam lange Zeit meist nur in Forschungslaboren zum Einsatz. Denn es war nicht genau bekannt, wie gepulste Laserstrahlen beschaffen sein müssen, um die hohen Anforderungen der industriellen Fertigung zu erfüllen. Wie sollten beispielsweise Pulslänge, -zahl und -energie ausgelegt sein, um einen wirklich präzisen und vor allem produktiven Materialabtrag zu erreichen, und das zuverlässig über hunderte Milliarden Pulse hinweg? In beharrlicher Arbeit haben Jens König, Dirk Sutter und Stefan Nolte die Ultrakurzpulslaser zu einem robusten und zuverlässigen Werkzeug für den Einsatz in Werkhallen gemacht. Die Experten bei Bosch erforschten und beschrieben die Anforderungen und Spezifikationen an das Laserlicht. Trumpf fertigte immer leistungsstärkere Ultrakurzpulslaser. Zugleich entwickelte sich auch die Ultrakurzpuls-Technologie bis zum heutigen hohen Stand weiter. Den Experten gelang es sogar, einen Ultrakurzpulslaser in Maschinen so präzise zu führen, dass damit eine verlässliche industrielle Serienproduktion mit allen Vorteilen möglich wurde. 

Für ihre herausragende Arbeit hat Bundespräsident Joachim Gauck am 4. Dezember Jens König, Dirk Sutter und Stefan Nolte den Deutschen Zukunftspreis verliehen. Der Preis für Technik und Innovation ehrt wissenschaftliche Höchstleistungen mit einem großen wirtschaftlichen Potenzial. Die viel beachtete Auszeichnung wird seit 1997 jährlich vergeben und ist mit 250 000 Euro dotiert.

Von Diamanten über harte Gläser, Stahl und Halbleiter bis hin zu Keramiken und empfindlichsten Kunststoffen – mit der neuen innovativen Technik lassen sich fast alle Materialien berührungslos bearbeiten. Der universell einsetzbare Laser bohrt, schneidet, strukturiert oder fräst fast beliebige Formen. Mit dem präzisen Verfahren kann man sogar neue Produkte fertigen, die bislang nur äußerst schwierig oder gar nicht herzustellen waren. Schon jetzt werden damit unter anderem extrem feine Düsen für Benzin-Direkteinspritzventile und besser verträgliche Stents gefertigt oder gehärtetes Glas für Displays in Smartphones geschnitten.

Grundlagenforschung, Entwicklung und auch Produktion – das alles fand und findet in Deutschland statt. Mehr als 40 Patente haben die Beteiligten veröffentlicht. Zudem sind zahlreiche neue Arbeitsplätze entstanden. Bis 2013 lieferte allein Bosch etwa 30 Millionen mit der neuen Technik hergestellte Bauteile an Kunden aus. Trumpf verkauft täglich einen Ultrakurzpulslaser.