Fraunhofer Inside: Mobile Wände gegen den Lärm
Egal ob laute Musik aus dem Partykeller, Auto- und Flugzeuggeräusche oder Baustellen — jede Lärmquelle beeinträchtigt die Lebensqualität. Doch nicht immer lohnt sich die Installation teurer Schallschutzmaßnahmen. Kostengünstige portable aufblasbare Lärmschutzwände sorgen jetzt bei kurzfristigen Störungen für Ruhe.
Aufblasbare Lärmschutzwände? Prof. Dr. Schew-Ram Mehra erntete zunächst einmal für seine Idee von den Fachkollegen nur Kopfschütteln. Gegen Lärm hilft nur massives Material!, war die einhellige Meinung der Experten. Doch der Wissenschaftler, der an der Universität Stuttgart am Lehrstuhl für Bauphysik und am Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP tätig ist, blieb hartnäckig: Gegen bestimmte Lärmquellen, die nur kurze Zeit in Betrieb sind –wie Tagesbaustellen oder Rockkonzerte – gibt es einfach keine Maßnahmen, war seine Erfahrung. Die traditionellen Lärmschutzeinrichtungen sind dafür zu unflexibel und zu teuer. Ein Vergleich zeigt, dass aufblasbare Lärmschutzwände durchaus Vorteile haben: Die mobilen Wände sind bezüglich ihrer akustischen Wirksamkeit durchaus mit Konstruktionen aus Beton, Kunststoff oder Metall vergleichbar, manchmal sogar besser.
Schutz vor Lärm und Krach
Seit seinem Studium beschäftigt sich Mehra mit dem Thema Lärm und Schallschutzmaßnahmen. Zunächst experimentierte er mit Folien. Schnell stellte sich heraus, dass eine Folie allein nicht gegen den Lärm ankommt. Weitaus wirksamer war es, wenn zwei Folien hintereinander die Lärmquelle abschirmten. Eine Luftmatratze diente bei den ersten Untersuchungen als Vorbild. Und noch weniger war zu hören, als die Folien verschweißt und mit Luft gefüllt wurden. »Dabei entstanden allerdings riesige ballonförmige Gebilde, die ziemlich unpraktisch waren«, erinnert sich der Experte. Als Stege eingearbeitet wurden, verbesserte sich die Stabilität. Doch erst eine Unterteilung in Längs- und Querkammern verlieh den Luftmatratzen Standfestigkeit und brachte den optimalen Erfolg. Die Wissenschaftler füllten die Wände mit unterschiedlichen Gasen. »Das beste Ergebnis haben wir mit Helium erzielt«, sagt Mehra. »Doch letztendlich entschieden wir uns für Luft. Der Grund: Luft ist überall zu haben und kostet nichts. Wenn wir unten Wasser einfüllen, verbessert das sogar noch die Standfestigkeit.«
Im Jahr 2009 begann die Firma Ceno Membrane Technology GmbH aus Greven bei Münster in Westfalen mit der Vermarktung der mobilen Lärmschutzwände. »Die Nachfrage ist groß«, sagt Benedikt Wensing von Ceno Tec. Unternehmen, Städte und Organisationen interessieren sich gleichermaßen für die 14 Quadratmeter großen Luftmatratzen, deren Oberfläche beliebig gestaltet werden kann, etwa mit dem eigenen Logo oder dem eines Sponsors. Doch auch immer mehr Privatleute schaffen sich die Matten an, zum Beispiel um endlich ungestört vom Verkehrslärm auf der Terrasse entspannen zu können. Wer sich von einer temporären Lärmquelle belästigt fühlt, kann die Lärmkiller sogar mieten.
Professor Mehra und die Ceno Membrane Technology GmbH im vergangenen Jahr für ihre Idee mit dem Preis »Deutschland – Land der Ideen« ausgezeichnet.