Zellfreie Bioproduktion

Fraunhofer-Leitprojekt »Zellfreie Bioproduktion«

Wachstumsmarkt Proteine

Ein Grundbaustein aller Zellen sind Proteine. Diese Biomoleküle sind für viele Produkte in der Medizin- und Pharmaindustrie, aber auch in der Lebensmittel-, Agrar-, Kosmetik-, und Waschmittelproduktion unersetzbare Ausgangsstoffe. Ein Anwendungsbeispiel für Proteine sind Impfstoffe: In ihnen sind Antigene z.B. von Viren enthalten, die das Immunsystem stimulieren Antikörper gegen den Krankheitserreger zu bilden. Dabei ist es wichtig, auf Virenmutationen schnell zu reagieren und den passenden Impfstoff in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen.

Bei herkömmlichen Verfahren werden die benötigten Proteine in lebenden Zellen oder Organismen, wie zum Beispiel dem Bakterium E. coli, erzeugt. Dieses Verfahren hat verschiedene Nachteile: Für den Stoffwechsel der Zellen und die spätere Reinigung des Produktes muss viel Energie aufgewendet werden. Außerdem besteht bei der Herstellung von toxischen Proteinen das Problem, dass diese aufgrund ihrer Giftwirkung ihre Wirtszellen zerstören können. Eine wirtschaftliche und effiziente Herstellung von Biomolekülen auf diesem Weg ist im industriellen Maßstab schwierig.

Die Innovation – Zellfreie Proteinsynthese

Wesentlich effizienter ist dagegen die »in-vitro-Methode«, bei der Proteine außerhalb lebender Zellen zusammengesetzt werden. Fraunhofer-Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Lebenswissenschaften, Physik, Maschinenbau und Verfahrenstechnik arbeiten im Fraunhofer-Leitprojekt »Zellfreie Bioproduktion« zusammen, um dafür ein industrielles Verfahren auf Basis eines neuartigen Reaktorkonzepts zu entwickeln. Die Kompetenzen von acht Fraunhofer-Instituten sind in diesem Großprojekt gebündelt.

Ziel des Reaktorkonzepts sind flexibel einsetzbare Module, die Proteine im großen Maßstab synthetisieren können. Für die aktiv steuerbare Produktion maßgeschneiderter Biomoleküle werden Verfahren weiterentwickelt, die sich in industriellen Prozessen bereits bewährt haben. Eine große Herausforderung ist dabei die Versorgung der Zellen mit chemischer Energie. In den lebenden Zellen existieren dazu eigene Zellkraftwerke, die Mitochondrien, die im Reaktor technisch nachempfunden werden. Das Reaktorkonzept ermöglicht eine kosten- und ressourcenschonende Produktion von Biomolekülen, bei der vergleichsweise wenig biologischer Abfall entsteht.

Mit dem breiten industriellen Einsatz rechnen Forscher und Experten frühestens in einigen Jahren, in denen vor allem Fragestellungen zur kontinuierlichen Energieversorgung gelöst werden müssen.

Fraunhofer-Leitprojekt »Zellfreie Bioproduktion«

Das Fraunhofer-Leitprojekt »Zellfreie Bioproduktion« ist Bestandteil des BMBF-Strategieprozesses »Biotechnologie 2020+«. Es unterscheidet sich von anderen Forschungsinitiativen durch die industrielle Ausrichtung mit dem Fokus auf einer kosteneffizienten Produktion der Biomoleküle: Die Verfahren werden schon während der Forschungsarbeit für die industrielle Massenproduktion optimiert. Dabei wird eine noch stärkere Verzahnung von Biotechnologie und Ingenieurkunst angestrebt, um neue Produktionsverfahren zu entwickeln oder bestehende Methoden ressourceneffizienter, kostengünstiger und umweltschonender zu gestalten.