Quantenbildgebung

Quantenbildgebung: Tumorgewebe mit Quantentrick erkennen

Auch Goebels Kollegin am Fraunhofer IOF, Dr. Karin Burger, arbeitet mit ihrem Projektteam an verschränk­ten Lichtteilchen. Statt Abhörsicherheit nimmt sie jedoch medizinische Diagnostik in den Fokus. Wäh­rend einer OP weiß der Chirurg oder die Chirurgin oft nicht, ob der gesamte Tumor tatsächlich entfernt werden konnte. Eine Probe des Randgewebes wird ins Labor geschickt, um mit langwierigen Kontrastver­fahren in Kombination mit Lichtmikroskopie kran­ke und gesunde Zellen zu unterscheiden. Das kostet Zeit und kann Nachoperationen notwendig machen. »Zwar kommen neuere Digitalmikroskope mit Infra­rotdetektoren ohne zusätzliche Fluoreszenzmarkeraus, stoßen aber wegen ihres Signal-zu-RauschVerhältnisses schnell an ihre Grenzen. Und hochauflö­sendere Systeme sind im Aufbau sehr groß und bedürfen zusätzlicher Kühlung«, erklärt Karin Burger. Deshalb sind Krankenhäuser wie das Universitätsklinikum Jena auf der Suche nach schnelleren und effizienteren Verfahren.

Dr. Karin Burger
© Sebastian Arlt
Alle Tumorzellen entfernt? Dr. Karin Burger entwickelt am Fraunhofer IOF mit ihrem Team ein quantenbasiertes Verfahren, um Gewebeproben nach OPs schneller und effizienter zu prüfen.

Quantenoptik könnte eine Alternative bieten. Im BMBF-geförderten QUANCER-Projekt arbeiten neun Pro­jektpartner aus Industrie und Wissenschaft gemeinsam mit dem Fraunhofer IOF an einem Rastermikroskop, das sogenanntes nicht-detektiertes Licht nutzt. In einer Pho­tonenquelle werden zunächst Paare von korrelierten Licht­teilchen erzeugt, die sich wie Zwillinge in ihren quanten­mechanischen Eigenschaften gleichen. Diese lassen die Forschenden zwei verschiedene Aufgaben verrichten: Während ein Lichtstrahl auf die Gewebeprobe gesendet wird, wird der andere mit einer Kamera eingefangen. Durch die Frequenzkorrelation der Teilchen werden die Informationen des Photons an der Probe auf das andere an der Kamera übertragen und dort sichtbar gemacht – ohne dass Letzteres überhaupt mit dem Gewebe in Be­rührung kommt. Das Besondere dabei: »Die Photonen der beiden Lichtstrahlen können auch ganz verschiedene Wellenlängen besitzen und so Einblicke in nur schwer zugängliche Wellenlängenbereiche geben«, erklärt die Wissenschaftlerin. »Zum Beispiel kann der eine Licht­strahl im unsichtbaren Infrarotbereich ganz spezielle Informationen, etwa zur chemischen Zusammensetzung oder Veränderungen in der Gewebemorphologie, aus der Probe herauslesen, während der andere Lichtstrahl im sichtbaren Bereich von einem herkömmlichen, rausch­armen Detektor ausgelesen werden kann.« Mit diesem Trick könnte die Quantenoptik die bisherigen Grenzen der aufwendigen Infrarot-Mikroskopie überwinden.

»Unser Ziel ist ein kompakter Aufbau für die Quan­tenbildgebung in der Größe eines Schuhkartons, idealer­weise kompatibel mit einem Standardmikroskop«, sagt Burger. »Bereits im nächsten Jahr soll ein erstes Mikro­skop zur Quantenbildgebung im mittleren Infrarotbereich aufgebaut sein, mit dem man die Proben im Rasterver­fahren untersuchen kann.« Das Universitätsklinikum Jena will den Demonstrator dann an Tumorzellen testen.