Interview mit Vorständin Elisabeth Ewen

Elisabeth Ewen

 

Vorständin für Personal, Unternehmenskultur und Recht

 

»Ich möchte eine Vorständin für alle Mitarbeitenden sein«

Elisabeth Ewen ist Volljuristin mit einer Zusatzqualifikation in Verwaltungs- und Arbeitsrecht. Nach dem Studium arbeitete sie als Juristin im Personalbereich des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), bevor sie die Personalleitung der GMD – Forschungszentrum Informationstechnik GmbH übernahm. Im Zuge der Integration der GMD –Forschungszentrum Informationstechnik kam sie 2001 zur Fraunhofer-Gesellschaft. Dort bekleidete sie im Personalbereich mehrere Führungspositionen, zuletzt als Direktorin.

 

Seit August 2022 ist Elisabeth Ewen im Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft.

Frau Ewen, Sie arbeiten schon lange in Leitungspositionen für Fraunhofer. Was verändert sich für Sie durch den Wechsel in den Vorstand?

Auf der einen Seite bedeutet es mehr und neue Themen. Der Rechtsbereich ist dazugekommen, ebenso das Thema Compliance. Ich bin von Hause aus Juristin und habe große Freude daran, mich wieder in den vielfältigen juristischen Themen betätigen zu können. Das andere ist der Gestaltungsspielraum. Jetzt sind die Verantwortung und die Möglichkeiten sehr viel größer. Und was sich ebenfalls deutlich verändert hat, ist die Wirkung im politischen Raum. Fraunhofer wird hier wahrgenommen. Ich werde zu aktuellen Themen wie erst kürzlich zu rechtlichen Rahmenbedingungen der Arbeit gefragt und kann die Positionen von Fraunhofer einbringen. 

 

Sie erwähnten bereits das Recht. Um welche Themen geht es hier?

Als große Herausforderung sehe ich, dass die Welt sich immer mehr verrechtlicht. Alles wird mit Normen überzogen. Wenn man zum Beispiel ein Produkt entwickelt, muss man sich mit der CE-Kennzeichnung befassen. Wenn man ein Projekt im Ausland durchführt, muss man sich im Außenwirtschaftsrecht auskennen. Das sind nur zwei Themen, in denen Abteilungen der Zentrale sehr eng mit den Mitarbeitenden der Institute zusammenarbeiten. Gerade im Außenwirtschaftsrecht ist eine enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden an den Instituten und deren Akzeptanz für die rechtlichen Themen sehr wichtig. Wir müssen zusehen, dass wir Partner unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind und sie von Anfang an begleiten und nicht erst dann gerufen werden und eingreifen, wenn etwas falsch läuft. Wir müssen gemeinsam auf neue Herausforderungen wie etwa das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz reagieren. Dies erfordert, dass wir uns stetig weiterentwickeln, und zwar im Schulterschluss mit den Mitarbeitenden der Institute. Und dann stellen wir sicher, dass wir uns compliant verhalten.

 

Welche weiteren Handlungsschwerpunkte sehen Sie in Ihrem Vorstandsbereich?

Es geht um die Themen, die wir bereits haben. Zum Beispiel die Veränderungen der Arbeitswelt.
Wir haben dazu unser ProjektNew Work@Fraunhofer ausgerollt, aber damit sind wir noch längst nicht am Ende. Es gibt noch vielfältigste Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Was ich intensivieren möchte, ist die Begleitung der Institutsleitungen bei ihren herausfordernden Managementaufgaben, zum Beispiel in Change-Prozessen oder besonders schwierigen Phasen. Zudem haben wir einen Kulturentwicklungsprozess aufgesetzt. Wir werden analysieren, wo wir uns weiterentwickeln müssen und welche unserer Werte stabil sind. Wenn wir darüber Klarheit haben, wollen wir unsere Unternehmenskultur noch stärker erlebbar machen – mit Tools und mit Handlungshilfen. Eine deutlich sichtbare Unternehmenskultur gibt den Mitarbeitenden Orientierung, Stabilität und Motivation.

 

Erstmals sind zwei Frauen im Vorstand vertreten. Erwarten Sie sich davon Auswirkungen auf die Chancengleichheit und Frauen in Führungspositionen?

Diese Vorstandspositionen wurden uns nicht geschenkt. Wir haben uns in einem sehr intensiven Auswahlprozess durchgesetzt. Von daher können wir sehr wohl als Role Models dienen, indem wir zeigen: Wir wollten das und wir haben es geschafft. Wir haben bei Fraunhofer inzwischen auch immer mehr Institutsleiterinnen. Insgesamt wird diese Entwicklung Fraunhofer positiv verändern. Es zeigt, dass Fraunhofer auch ein spannender Arbeitgeber für Frauen ist. 

 

2022 wurde Fraunhofer zum besten Arbeitgeber für Berufseinsteiger gewählt. Wie kann Fraunhofer weiter so attraktiv bleiben, vor allem angesichts des Fachkräftemangels?

Fraunhofer steht für den Transfer durch Köpfe und das Versprechen, junge Menschen gut zu entwickeln und in den nächsten Karriereschritt zu begleiten. Das, was wir versprechen, müssen wir aber auch einhalten. Es dauert sehr lange, bis man Vertrauen aufgebaut hat, aber es geht schnell, dieses Vertrauen zu verlieren. An unserer Glaubwürdigkeit müssen wir kontinuierlich arbeiten. Dann überzeugen wir auch die jungen Menschen von uns.

 

Gibt es unter den Mitarbeitenden Gruppen, für deren Anliegen Sie sich besonders einsetzen wollen?

Ich möchte mich um alle Mitarbeitergruppen mit ihren jeweiligen Herausforderungen gleichermaßen kümmern. Ich möchte eine Vorständin für alle Mitarbeitenden sein.