»Eine Fraunhofer-Familie« - Interview mit Frau Elisabeth Ewen für den Fraunhofer-Alumni e.V.

Hoher Mehrwert durch Alumni-Aktivitäten.

© Fraunhofer-Gesellschaft

Seit dem 1. August 2022 ist Elisabeth Ewen Vorständin für Personal, Unternehmenskultur und Recht. Seit der Gründung im Jahr 2016 hat sie im Fraunhofer-Alumni e.V. eine maßgebliche Rolle. Als Direktorin Personal bei der Fraunhofer-Gesellschaft ist sie verantwortlich für alle Personalfunktionen und damit auch für die von Michael Vogel geleitete Abteilung, in der auch das Team für den Fraunhofer-Alumni e.V. verankert ist. Der Verein ist für sie ein wichtiges Bindeglied in der Fraunhofer-Familie, der unter anderem eine Vernetzung über die Tätigkeit bei Fraunhofer hinaus ermöglicht. Der persönliche Austausch ist auch in Zeiten der umfassenden Digitalisierung für die neue Vorständin essenziell für die Entwicklung neuer Ideen. In diesem Gespräch zeigt Ewen auf, wie sie als technikbegeisterte Juristin in die Forschungswelt kam, mit welchen Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern sie noch heute Kontakte pflegt, welche Mehrwerte sie in dem Alumni-Verein sieht und welche Schwerpunkte künftig hinzukommen könnten.

Sehr geehrte Frau Ewen, herzlichen Glückwunsch zur neuen Aufgabe als Vorständin für den Bereich Personal, Unternehmenskultur und Recht bei der Fraunhofer-Gesellschaft. Wie fühlen Sie sich?

Bei dem Einstellungsgespräch bei meinem Vorvorgänger hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen, dass ich eines Tages diesen Posten übernehmen würde. Dieses neue Amt ist natürlich nicht nur eine schöne Aufgabe, sondern auch eine Herausforderung, auf die ich mit Respekt blicke.

Zu Ihrer Laufbahn: wie kamen Sie zu Ihrem Studienfach Jura?

Auf die Rechtswissenschaft bin ich gekommen, weil hier die spannende Frage im Zentrum steht, wie wir unser Zusammenleben regeln wollen, so dass es auf der einen Seite gerecht ist, aber auch beständig funktioniert. An der Friedrichs-Wilhelms-Universität zu Bonn beschäftigte ich mich mit unterschiedlichen Rechtsgebieten, wie etwa dem Strafrecht und engagierte mich ehrenamtlich im Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Rheinbach. Doch am meisten Freude bereitete mir das Arbeitsrecht, wo ich auch meinen Fachanwalt absolvierte. Neben theoretischen Aspekten geht es hier um pragmatische Lösungen für unterschiedliche Konfliktsituationen. Während meines Referendariats am Oberlandesgericht in Düsseldorf studierte ich zudem ein Semester Verwaltungswissenschaften in Speyer.

Im Anschluss an Ihr Studium waren Sie stets in der Forschung tätig, wie kam es zu dieser Entwicklung?

Den Start machte ich beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., wo eine Juristin oder ein Jurist für die Personalabteilung gesucht war. Mit meinem Schwerpunkt bot sich das an, dennoch hatte mich mein Studium weder auf die Frage vorbereitet, was eine Forschungseinrichtung, noch was eine Personalabteilung ist. Das Jurastudium zu meiner Zeit war noch klassisch auf die Tracks Rechtsanwalt, Staatsanwalt und Richter ausgelegt.

Doch bereits bei meinem Vorstellungsgespräch hatte ich Feuer gefangen. Im Sekretariat des Personalleiters saß ein echter Astronaut – meine Begeisterung war geweckt und mir war klar: hier will ich arbeiten. Schon zu Schulzeiten war ich sehr technikaffin, hatte Leistungskurs Mathematik und war in Physik sehr gut. Unter meinen Lehrern sorgte daher meine Entscheidung für ein Jurastudium für Verwunderung. Doch mit der Tätigkeit für diese Forschungseinrichtung konnte ich beide Interessensgebiete zusammenbringen.

Was waren Ihre nächsten Schritte?

Ich wechselte zur GMD-Forschungszentrum Informationstechnik GmbH, um in einer Personalabteilung Führungsverantwortung zu übernehmen. Die Tätigkeit bereitete mir große Freude und es kamen stets Aufgaben hinzu. Die Welt war wunderbar und dann folgte die Integration der GMD in die Fraunhofer-Gesellschaft. Als Angestellte der GMD taten wir uns mit der Vorstellung zunächst schwer, dass eine große Forschungsgesellschaft eine kleinere integriert. Als die Integration erfolgte, erlebte ich die Fraunhofer-Gesellschaft jedoch als sensationellen Arbeitgeber.

Die integrierte GMD behielt im ersten Schritt eine eigene Verwaltung bei, so blieb ich zunächst in Birlinghoven. Den ersten Abwerbungsversuch durch die Fraunhofer-Gesellschaft konnte ich noch »erfolgreich« abwehren. Als dann die zweite Anfrage aus der Zentrale in München kam, entschied ich mich, dem für zwei Jahre eine Chance zu geben. Das war vor 19 Jahren und seitdem lebe ich in München. Als leidenschaftliche Skiläuferin und Bergwanderin hat mir die Atmosphäre in München schon immer behagt. Dennoch war es für mich ein großer Schritt, aus dem Rheinland an die Isar zu ziehen.

Wie haben Sie diese Integration erlebt?

Die GMD war anders strukturiert und mit rund 2000 Angestellten gegenüber den 11 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Fraunhofer-Gesellschaft damals hatte, deutlich kleiner. Auch die Finanzierung war weniger auf Drittmittel ausgelegt. Es folgte eine langwierige Diskussion, teilweise sehr politisch, ob die Integration der richtige Weg ist. Viele Personen in Birlinghoven wollten lieber eigenständig bleiben.

So eine Integration sollte zügig umgesetzt, die Kulturen sollten zusammengebracht werden und man muss sich auf Augenhöhe begegnen. In diesem Integrationsprozess ist vieles nicht optimal gelaufen. Das Gute an diesen Fehlern war aber, dass wir es bei den nachfolgenden Integrationen wie etwa bei der Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften FGAN besser gemacht haben. Wir haben aus den Erfahrungen gelernt.

 

»Unter Strom - innovative Energietechniken« | 6. Fraunhofer-Alumni-Summit 2022

18. November 2022 | Freiburg

Erleben Sie die effizienteste Solarzelle der Welt, Crashtests für Akkus in Elektroautos, optimierte Schaltungen, magnetische Kühlung oder Nano-Satelliten, die über das Klima wachen, Quantenrechner, stromsparende Rechner oder effiziente Spannungswandler-Module. Im Großraum Freiburg forschen vier Institute aus unterschiedlichen Perspektiven an Technologien und doch mit dem gleichen Ziel: Gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltschutz und Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu begegnen. Besuchen Sie mit dem Fraunhofer-Alumni e.V. die Fraunhofer-Institute EMI, IAF, ISE und IPM und erleben Sie exklusiv vor Ort, wie die Forscherinnen und Forscher der Fraunhofer-Gesellschaft die Zukunft mitgestalten. Seien Sie Gast bei unserer Summit-Night mit Keynotes und der Podiumsdiskussion mit den vier hochrangigen Institutsvertretern. Erleben Sie die Verleihung des Fraunhofer-Alumni-Awards »TECHNOLOGY4DEVELOPMENT« und vernetzen Sie sich mit Gleichgesinnten und mit Fraunhofer-Expertinnen und Experten. Für Mitglieder des Fraunhofer-Alumni e.V. ist die Veranstaltung kostenfrei.

 

INFO und REGISTRIERUNG

Haben Sie denn noch Kontakte zu Kollegen und Kolleginnen von damals?

Diese Kontaktpflege ist sehr wichtig. Ich erinnere mich noch gerne an eine Kollegin bei der DLR, die mich damals einarbeitete. Sie selbst hatte keinen akademischen Hintergrund, was zur Folge hatte, dass ich als absoluter Neuling einen höheren Verdienst hatte als sie, die ein wandelndes Lexikon war. Ihr war nicht klar, warum ihre Abteilung eine Juristin braucht, dementsprechend hatte sie mich gechallenged und gab mir scheinbar fragwürdige Aufgaben, zum Beispiel die Dienstjubiläen von Vorständen auszurechnen. Das ist im Beamtenrecht nicht trivial und man muss sich einlesen. Erst war ich ungehalten, als Juristin so eine Aufgabe übernehmen zu müssen. Schließlich verstand ich den Hintergrund. Indem ich mich intensiv in das Thema einarbeitete, konnte ich die Kollegin von meinem Engagement überzeugen und so ist eine Freundschaft entstanden, die bis heute hält. Auch zu anderen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen und insbesondere aus Birlinghoven halte ich bis heute den Kontakt. Solche Verbindungen sind absolut wichtig, auch weil sie Teil unseres Lebens sind. Auch bin ich Alumna der Verwaltungshochschule Speyer.

Der Fraunhofer-Alumni e.V. ist inzwischen eine Stabstelle in Ihrem Vorstandsbereich, darüber hinaus engagieren Sie sich auch als Beirätin des Fraunhofer-Alumni e.V. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ziele dieses Vereins?

Wir gründeten 2016 den Alumni e.V., weil wir sahen, dass in unserem Karrieremodell noch etwas fehlt. Wir leben bei Fraunhofer die Mission: »Transfer durch Köpfe«. Das bedeutet, junge Leute zu gewinnen, sie für Fraunhofer-Themen zu begeistern, deren Talente zu fördern und qualifiziert dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung zu stellen. Was bis zur Gründung des Vereins gefehlt hat, war das Element der Vernetzung, für die Zeit nach Fraunhofer. Denn natürlich wollen wir mit diesen Menschen in Kontakt bleiben.

Bei einigen Fraunhofer-Instituten, die seit Jahren rege Alumni-Aktivität pflegen, erleben wir, welcher Mehrwert sich aus diesen Verbindungen entwickelt. So sind wir gemeinsam mit den Instituten zu dem Entschluss gekommen, eine Alumni-Aktivität aufzubauen, die die gesamte Fraunhofer-Welt abdeckt. Wir wollen damit auch den Gedanken aufrechterhalten, dass wir eine Fraunhofer-Familie sind.

Es ist unser wichtigstes Anliegen, dass sich Fraunhofer-Leute treffen, über Themen und Projekte vernetzen und so Ideen, Gedanken und Lösungsansätze sprühen und weiterverfolgt werden. Wir sehen ehemalige Fraunhofer-Mitarbeitende in hochrangigen Positionen, die gerne mit Fraunhofer kooperieren. Warum sollten wir diesen Verein nicht als Plattform nutzen, um Ehemaligen und Fraunhofer-Mitarbeitenden die Gelegenheit zu geben, gemeinsam Projekte zu entwickeln und zu generieren?

Wir verfolgten auch den Plan, über eine Plattform hochqualifizierte Menschen, die bei uns ausscheiden, an Unternehmen zu vermitteln, die Fördermitglieder des Vereins sind. Weil aber Fraunhofer-Expertinnen und Experten am Arbeitsmarkt hoch begehrt sind, ist dieses Instrument aktuell nicht zielführend.

Trotz digitaler Formate des Vereins waren Treffen in den zurückliegenden Monaten nur schwer möglich.

Für Treffen und Vernetzung über den Verein war Corona natürlich absolut kontraproduktiv. Ich denke immer noch sehr gerne an den Alumni-Summit 2018 in Aachen zurück. Es war unglaublich die Gespräche und den Austausch der Menschen zu sehen und zu erleben, wie schnell und intensiv sie ins Miteinander gefunden haben und auf welch hohem Niveau die Besucherinnen und Besucher Fachthemen diskutierten. Bei den Institutsbesuchen sogen unsere Ehemaligen es auf, Fraunhofer erneut von innen zu erleben und zu sehen, was bei uns aktuell geforscht wird. Ob sich diese Menschen schon vor der Veranstaltung gekannt haben oder nicht, eines haben sie auf jeden Fall gefunden: »Ehemalige Fraunhofer-Zeiten.«

Umso mehr freuen wir uns auf den nächsten Alumni-Summit am 18. November in Freiburg, der hoffentlich endlich wieder in Präsenz stattfinden kann, bei dem es Führungen an den Instituten und bei der Abendveranstaltung auch viel Raum für Vernetzung geben wird.

Auch im Arbeitsalltag bietet das Miteinander, das sich gegenseitig den Ball zuspielen, das gemeinsame kreative Denken und das gemeinsame Arbeiten einen unschätzbaren Mehrwert. Daher finde ich es richtig, wenn unser Vorstand sagt, wir wollen wieder zurück und die Hälfte unserer Zeit im Büro verbringen. Es geht dabei nicht um stilles Arbeiten, das man sehr gut zu Hause erledigen kann. Aber die persönliche Begegnung fehlt im Arbeitsalltag doch sehr. Bezüglich Corona denke ich, dass wir lernen müssen, damit zu leben.

Wie sollte es mit dem Fraunhofer-Alumni e.V. weitergehen?

Ich würde mich über eine Diskussion darüber freuen, wo der größte Mehrwert für den Verein und dessen Mitgliedern liegt. Ist es eher eine Personal-Frage, also vermittle ich ehemalige Mitarbeitende an Fördermitglieder oder zurück in die Fraunhofer-Gesellschaft, oder soll der Verein die Themen Transfer, Innovation und Verwertung in den Vordergrund stellen? Wir sollten die Plattform des Alumni-Vereins vermehrt nutzen, um Fraunhofer und Ehemalige wieder ins gemeinsame Denken und Generieren von neuen Themen zu bringen. Man müsste dafür aber einiges ändern. Persönlich werde ich weiterhin im Alumni-Verein engagiert bleiben, doch dieser Transfer-Aspekt trifft in meinen Augen im Moment mehr den Kern und man könnte so auch weitere Institute von dem Mehrwert dieses Vereins überzeugen.

Viele Beratungshäuser und Universitäten unterhalten große Ehemaligen-Vereine, da ist es klar, dass man im Kontakt und den Alumni-Gedanken pflegt. Auch bei Fraunhofer existiert diese Kultur. Mit den vielen großartigen Menschen und wertvollen Kontakten bedeutet es für alle einen unglaublichen Mehrwert, Teil dieser Familie zu bleiben.

Wir sehen diese leuchtenden Augen, wenn eine Alumna oder ein Alumnus im Ausland auf eine oder einen Fraunhofer trifft. Die Verbindung ist sofort hergestellt. Man ist in einer fremden Welt, aber da ist etwas, das man kennt. Oder wenn eine Person neue Verantwortung in einem Industrieunternehmen aufnimmt, und wieder Projekte mit der Fraunhofer-Gesellschaft gehen kann, weil er oder sie sagt, das kenne ich.

Diese Möglichkeiten sollten wir jedem auf dieser Plattform geben und das auch nutzen. Dafür müssen wir die Leute begeistern, und vermitteln, dass dieser Alumni-Verein für alle Vorteile bietet. Es ist eine Herausforderung, das nach der Coronazeit und mit all den Entwicklungen umzusetzen, aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Alumni-Verein richtig und wichtig ist.

Wie könnte diese neue Ausrichtung konkret aussehen?

Es gibt beispielsweise Planungen im Vorstands-Bereich von Herrn Prof. Kurz einen digitalen Markplatz aufzubauen, über Industrieunternehmen an die Institute mit Problemen und Fragestellungen herantreten können. Es ist die Frage, was der Alumni-Verein in seiner eigenen Verantwortung übernehmen soll oder was sind Themen oder Kontakte, die man weitergeben kann. Für solche Überlegungen wäre ein stärkerer Schulterschluss mit dem Vorstandbereich für Innovation, Transfer und Verwertung natürlich sinnvoll.

Und auch hier wieder mein Petitum: Kommen Sie in die Büros und suchen Sie den Austausch. Wenn ich im Innenhof der Fraunhofer-Zentrale die Gespräche verfolge, sehe ich, dass man auf diesem Weg ganz andere Möglichkeiten erhält, als wenn man formal nach einem Termin anfragt. Auch hier ist der Verein gefordert, zu prüfen mit welchen Personen eine engere Zusammenarbeit sinnvoll ist, um auch in dieser neuen Welt aufzugehen.

Wir danken Ihnen für dieses Gespräch, Frau Ewen.