Fraunhofer-Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt« 2023

Satellitentechnologie – nachhaltiger Wasser-Einsatz in der Landwirtschaft

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Gewinner des Fraunhofer-Preises »Technik für den Menschen und seine Umwelt« 2023: Cassi Welling (constellr GmbH), Dr. Henrik von Lukowicz (Fraunhofer IOF), Dr. Matthias Beier (SPACEOPTIX GmbH) und Clemens Horch (Fraunhofer EMI) (v.l.n.r.).

©  Foto: Fraunhofer / Piotr Banczerowski
 

Preisträger-Team:

Cassi Welling (constellr GmbH)
Dr. Henrik von Lukowicz (Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF)
Dr. Matthias Beier (SPACEOPTIX GmbH)
Clemens Horch (Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI)

 

70 Prozent unseres Trinkwassers landen als Bewässerung auf den Äckern – mehr als die Hälfte davon unnötig, da der Boden noch ausreichend feucht ist. Eine neuartige Satellitentechnologie, die in Form eines Prototyps mit dem Namen »LisR« bereits auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt wurde, ermöglicht es künftig, Pflanzen bedarfsgerecht zu bewässern und einen nachhaltigen Umgang mit der lebenswichtigen Ressource sicherzustellen.

In Deutschland sind wir es gewohnt, ausreichend Wasser zur Verfügung zu haben. Künftig jedoch dürfte die lebenswichtige Ressource knapp werden, schließlich geht der Weltklimarat davon aus, dass infolge des Klimawandels die Intensität und Häufigkeit von Dürren weiter zunehmen. Darüber hinaus wächst die Weltbevölkerung immer weiter: Bis 2050 werden Schätzungen zufolge knapp zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben − Menschen, die mit Nahrungsmitteln versorgt werden müssen. Eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass aktuell etwa 70 Prozent unseres Trinkwassers für Bewässerung genutzt werden. Besonders besorgniserregend: 60 Prozent davon werden durch übermäßige Bewässerung verschwendet.

Geleitet durch die Gründungsidee der constellr GmbH entwickelten die Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut, EMI, des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF sowie der Unternehmen constellr GmbH und SPACEOPTIX GmbH – beides Ausgründungen dieser Institute – die Infrarotkamera LisR, kurz für »Longwave infrared sensing demonstratoR«. Nach erfolgreicher Demonstration auf der Internationalen Raumstation ISS sollen die Erkenntnisse der LisR-Mission als Grundlage für eine Satelliten-Konstellation genutzt werden – eine Satelliten-Konstellation, mit der sich künftig aus dem Orbit die Landoberflächentemperatur messen und die Bewässerung auf den tatsächlichen Bedarf abstimmen lässt. Schon ab 2026 könnten sich auf diese Weise jährlich 180 Milliarden Tonnen Wasser und 94 Million Tonnen CO2 einsparen lassen, während die globale Ernte durch eine gezieltere Versorgung der Pflanzen um bis zu vier Prozent steigen könnte. Dies entspräche zusätzlicher Nahrung für über 350 Millionen Menschen.

Messung der realen Landtemperatur
Doch wie ermöglicht es die Technologie, solche großen Mengen an Wasser und CO2 einzusparen? Sie behält die Erdoberfläche im Blick, genauer gesagt detektiert sie die ausgesendete Wärmestrahlung. Dabei misst sie physikalisch die reale Landtemperatur, die Rückschlüsse auf die Wasserversorgung erlaubt. Möglich wurde die Entwicklung erst durch das Zusammenspiel der verschiedenen Partner mit ihren sich ergänzenden Expertisen. Während das Fraunhofer IOF die kompakte und leicht zu integrierende Optik für das Kameramodul entwickelte, fertigte SPACEOPTIX die dafür nötige Freiform-Spiegeloptik in Nanometer-Präzision. Die Forschenden des Fraunhofer EMI wiederum steuerten ein patentiertes Messverfahren bei, mit dem sich aus den Kameraaufnahmen die präzise Oberflächentemperatur bestimmen lässt. Die Missionsplanung sowie die Auswertung der Daten übernahm die constellr GmbH.

Test auf der Internationalen Raumstation ISS
Um die neue Technologie unter Realbedingungen zu testen, entwickelten die Forschenden den Demonstrator LisR. Im Frühjahr und Sommer 2022 wurde dieser auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt – eine große Ehre. Von der ISS aus konnte das Team etwa zehn Millionen Bilder aufnehmen, mit einer Auflösung von rund 80 Metern. Aufbauend auf diesem Erfolg plant constellr, bis zum Jahr 2028 mit 16 Kleinsatelliten alle 24 Stunden die Temperatur der Landoberfläche überall auf der Erde mit täglicher Frequenz und einer Auflösung von mehr als 50 Metern präzise zu messen. So kann vom Weltraum aus die optimale Bewässerung von Agrarflächen unterstützt werden.

 

Fraunhofer-Preis »Technik für den Menschen und seine Umwelt«

»Technik für den Menschen und seine Umwelt« ist ein Preis der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., der Fraunhofer-Zukunftsstiftung sowie der ehemaligen Vorstände, Institutsleitungen sowie diesen verbundenen Fördernden der Fraunhofer-Gesellschaft.  

Er wird alle zwei Jahre an Forschungs- und Entwicklungsleistungen vergeben, die die Lebensqualität von Menschen verbessern oder für eine nachhaltigere Umwelt sorgen. 2023 beteiligt sich die Fraunhofer-Zukunftsstiftung an der Finanzierung dieser Auszeichnung, die mit 50 000 Euro dotiert ist.