Quantenkommunikation

Wie verschränkte Quanten unsere Kommunikation revolutionieren

Dr. Erik Beckert vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF mit einer Photonenquelle zur Erzeugung verschränkter Lichtteilchen.
© Sven Döring
Dr. Erik Beckert vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF mit einer Photonenquelle zur Erzeugung verschränkter Lichtteilchen.
Die Quantenquelle vom Fraunhofer IOF erzeugt verschränkte Lichtquanten und sendet sie von einem Satelliten auf die Erde. Dort dienen sie der sicheren Schlüsselverteilung bei der Verschlüsselung von Daten.
© Fraunhofer IOF
Die Quantenquelle vom Fraunhofer IOF erzeugt verschränkte Lichtquanten und sendet sie von einem Satelliten auf die Erde. Dort dienen sie der sicheren Schlüsselverteilung bei der Verschlüsselung von Daten.

Wer die Faszination Quanten heute schon erleben will, bekommt eine Ahnung beim Besuch im Fraunhofer IOF in Jena. Hier wird daran gearbeitet, wie sich verschränkte Quanten zum einen für eine sicherere Kommunikation und zum anderen für eine genauere Bildgebung nutzen lassen.

Dr. Erik Beckert hält ein glänzend goldenes Gerät mit zahlreichen Schläuchen und Drähten in der Hand. Die Photonenquelle produziert mit Hilfe eines nichtlinearen Kristalls 300 000 verschränkte Photonenpaare pro Sekunde. Diese »spukhaft« miteinander verbundenen Lichtteilchen bilden die Basis der Quantenforschung am Fraunhofer IOF. Da die Zwillingsphotonen sich immer in ihren Eigenschaften ergänzen – unabhängig davon, wie weit sie voneinander entfernt sind – braucht man nur eins zu messen, um den Zustand des anderen zu kennen. Dieser Umstand lässt sich für eine sichere physikalische Verschlüsselung nutzen, mit der man Hackerangriffen, Datenleaks, Wirtschafts- und Bankenspionage künftig bald zuverlässig vorbeugen könnte.

Der Ingenieur Beckert, der sich die Grundsätze der Quantenphysik selbst beigebracht hat, erklärt das Prinzip: »Mit den verschränkten Photonen erzeugen wir auf physikalischer Basis sichere Quantenschlüssel und verteilen sie via Satellit möglichst störungsfrei an die Kommunikationspartner auf der Erde. Versucht jemand, die Kommunikation abzuhören, verfällt die Verschränkung und der Eingriff ist nachweisbar.« Der erste europäische Quantenverschlüsselungssatellit soll ausgestattet mit der Photonenquelle voraussichtlich 2022 ins All starten. An der Entwicklung ist Beckert mit seinem Jenaer Team und weiteren Partnern maßgeblich beteiligt.

Interessant ist Quantenverschlüsselung heute schon vor allem für die Finanzbranche, Telekommunikationsanbieter und Regierungsorganisationen. Gemeinsam mit dem Bundesforschungsministerium und Industriepartnern starteten Fraunhofer, Max-Planck und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR in diesem Jahr eine Großoffensive für Quantenverschlüsselung. Im Projekt QuNET soll in den nächsten Jahren ein hochsicheres Kommunikationsnetzwerk zwischen mehreren Regierungsstandorten aufgebaut werden und abhörsichere Verbindungen garantieren. Das Vorhaben soll auch den Grundstein legen, um eine gesamtdeutsche Quantenkommunikationsinfrastruktur aufzubauen. Langfristig könnte laut Beckert auch quantenkryptographisch gesichertes Online-Banking Wirklichkeit werden.

An bezahlbarer Quantenkommunikation für den Massenmarkt arbeiten heute schon 17 Partner aus ganz Europa im Projekt UNIQORN. Am Fraunhofer HHI in Berlin entwickeln Forschende dafür miniaturisierte, quantentaugliche Komponenten, die sich zu Hause künftig einfach in den Router einbauen lassen. Ein Ziel ist es, die Kosten für Quantenkommunikation um 90 Prozent zu reduzieren und sie damit Endnutzern zugänglich zu machen.

Können Quanten unsere Kommunikation sicher machen?

Prof. Dr. Martin Schell, Institutsleiter am Fraunhofer HHI.

Drei Fragen an Prof. Dr. Martin Schell, Fraunhofer HHI, zu »QuNet« Abhörsichere Quantenkommunikation

 

Worum geht’s in dem Projekt?

Zusammen mit dem BMBF, der Max-Planck-Gesellschaft und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt will Fraunhofer ein abhörsicheres quantenbasiertes Kommunikationsnetzwerk zunächst zwischen Regierungsorganisationen aufbauen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF.

Warum ist es wichtig?

Sicherheit ist eine Voraussetzung für die digitale Gesellschaft und Quantenverschlüsselung macht die Kommunikation wesentlich abhör- und angriffssicherer. Hier müssen wir in Deutschland eigene Kompetenzen ausbauen, um anderen nicht das Feld zu überlassen

Wann wird es erste Ergebnisse geben?

Das Projekt ist auf sieben Jahre angelegt. Zunächst werden Hardwarekomponenten und technologische Grundlagen für einen Mehrbenutzerbetrieb in heterogenen Netzen entwickelt. 2026 soll gemeinsam mit Industrie und Bundesnetzbetreibern das Quantennetzwerk in Betrieb genommen werden.