Sanierungsfall Deutschland
Webspecial Fraunhofer-Magazin 2.2025
Mindestens 8000 Autobahnbrücken und 17 630 Schienenkilometer deutschlandweit sind marode, Reparaturen und Neubauten brauchen jedoch Zeit. Wie Fraunhofer-Technologie Wartung und Instandhaltung beschleunigt – damit der Einsturz der Carolabrücke in Dresden ein Einzelfall bleibt.
Autofahrten zum weit entfernten Urlaubsort gestalten sich seit jeher zäh. Doch das alljährliche Verkehrschaos gewinnt inzwischen ganz neue Dimensionen: Zum Auftakt der Pfingstferien staute es sich von einer Tunnelbaustelle der Tauernautobahn 45 Kilometer zurück bis an die bayerische Grenze. Urlauber, die nach Italien wollten, erlebten vielleicht einen Vorgeschmack auf die baldige Zukunft: In Deutschland haben zahlreiche Autobahnbrücken das Ende ihrer Lebenszeit erreicht und sind insbesondere für Lkw nur eingeschränkt befahrbar – was drastische Geschwindigkeitsbegrenzungen und immer wieder lange Staus verursacht. Mitunter sind Brücken auch komplett gesperrt oder müssen gesprengt werden. So etwa die Berliner Ringbahnbrücke auf der A100: Aufgrund eines Risses im Tragwerk war sie seit Mitte März dicht, im April wurde sie abgerissen.
8000 Autobahnbrücken und 17 630 Schienenkilometer stufte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr in der Zustandserfassung 2022 als sanierungsbedürftig ein – ihr Zustand dürfte sich seither kaum verbessert haben. Die gemeinnützige Organisation Transport & Environment kommt mit 16 000 baufälligen Brücken sogar auf die doppelte Anzahl. Die mit maroden Brücken einhergehenden Behinderungen bremsen auch die Wirtschaft aus: Die Produktivität sinkt, die Kosten steigen, Investoren werden abgeschreckt. Allein die Rahmedetalbrücke in Lüdenscheid, die im Dezember 2021 gesperrt und im Mai 2023 gesprengt wurde, wird bis zum Jahr 2026 nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft 1,8 Milliarden Euro volkswirtschaftliche Kosten verursacht haben – davon allein 1,2 Milliarden Euro Verzögerungskosten durch Staus und Umleitungen.
Allerhöchste Zeit, gegenzusteuern: Bundestag und Bundesrat haben für die kommenden zwölf Jahre ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro freigegeben, um die Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen. 100 Milliarden Euro davon fließen in die Länder und Kommunen, weitere 300 Milliarden stehen für Infrastrukturprojekte des Bundes zur Verfügung. Eine gigantische Aufgabe, die derzeit nur schleppend vorangeht: Bis Ende 2024 modernisierte die zuständige Autobahn GmbH laut Bundesrechnungshof lediglich 40 Prozent der Brücken, die laut Brückenmodernisierungsprogramm des Verkehrsministeriums bis dahin hätten saniert werden sollen.