Bei Maschinellem Lernen wird versucht die etablierten Methoden so auf Quantencomputer zu übertragen, dass ihre theoretischen Eigenschaften erhalten bleiben, aber im besten Fall die Möglichkeit für Quantenvorteile besteht, und so z.B. hoch performante aber wesentlich dateneffizientere Lernverfahren realisiert werden. Dies ist notwendig, um von den theoretischen Ergebnissen der letzten Dekaden profitieren zu können.
Am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen IIS wurde insbesondere dazu geforscht, ob Quantencomputing das sog. Reinforcement Learning verbessern bzw. beschleunigen kann. Beim Reinforcement Learning erlernt ein Agent (z.B. ein Algorithmus) durch Interaktion mit einer Umgebung (die das zu lösende Problem beschreibt) eine möglichst gute Lösungsstrategie. Im Rahmen des bayrischen Hubs des Fraunhofer-Kompetenznetzwerks Quantencomputing BayQS (Bayerisches Kompetenzzentrum Quanten Security and Data Science) wurden am Fraunhofer IIS die Grundlagen für Quantencomputing-gestütztes Reinforcement Learning sowie der Quantencomputing-gestützten Zeitreihenprognose erforscht. Im BMBF-geförderten QLindA-Projekt (Quantum Reinforcement Learning für Industrielle Anwendungen) wurde zusammen mit Industriepartnern die Machbarkeit und Anwendbarkeit auf industrielle Problemstellungen untersucht.
Quantenmaschinelles Lernen ist eines der Schwerpunktthemen der Quantencomputingaktivitäten des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Der Fokus liegt hierbei im Design von Algorithmen, die über die derzeitigen heuristischen Ansätze hinaus gehen, sowie in der Anwendung von quantenmechanischen Modellen auf Wellenfunktionen. Dies spiegelt sich im Projekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz BMWK »AQUAS« und in Arbeiten im Rahmen des Kompetenzzentrum Quantencomputing Baden-Württemberg wider. Zudem wird die Anwendung von QML im Projekt H2Giga (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMBF) im Kontext der Wasserstofferzeugung erprobt. Das Fraunhofer IPA legt einen Wert auf Open-Source Entwicklungen zum Transfer in die Industrie. So wurden im Rahmen des BMWK Projekts AutoQML die QM-Aktivitäten gebündelt und die Python Bibliothek sQUlearn entwickelt, die einen niedrigschwelligen Einstieg in eine Vielzahl von gängigen QML-Algorithmen ermöglicht. Das Projekt selbst hat zum Ziel, ein automatisiertes Framework für QML zu entwickeln, was zum Ziel hat, die Einstiegshürden noch weiter senken. Zur weiteren Verbreitung hat das Fraunhofer ITWM zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, Fraunhofer IPA und Fraunhofer IAIS eine QML-Schulung im Rahmen des Fraunhofer Entwicklungsfond entwickelt. Diese Schulung wird im September 2024 zunächst als Pilotprojekt im Rahmen der Fraunhofer-Allianz Big Data und KI durchgeführt. Anschließend wird sie regelmäßig zweimal jährlich angeboten. Für weitere Details zu dieser Schulung und weiteren Schulungen siehe Kapitel Schulungsangebote 2.1.14.
Basierend auf seiner 30-jährigen Expertise im Bereich der Künstlichen Intelligenz und des Maschinellen Lernens wird am Fraunhofer IAIS untersucht, inwiefern Algorithmen des Maschinellen Lernens sinnvoll auf Quantencomputer übertragbar sind. Diese Methoden erlauben es, existierende ML-Modelle der Kunden, z.B. Support-Vektor-Maschinen, logistische Regression oder Bayes-Netze, ohne erneute Modellierung und ohne erneutes Lernen direkt auf Quantencomputer zu übertragen. Dabei kann eine theoretische Effizienzsteigerung nachgewiesen werden, die von heutiger Quantenhardware noch nicht vollständig realisiert werden kann. Diese Techniken werden schon heute mit Industriepartnern erfolgreich eingesetzt und laufend an aktuelle Entwicklungen im Bereich der Quantenhardware angepasst.
Machine Learning ist eines der mathematischen Standardmethoden zur Lösung von Praxisproblemen, so auch am Fraunhofer ITWM. Daher wird auch das Thema QML am ITWM in den unterschiedlichsten Bereichen intensiv verfolgt:
Im Projekt AnQuC wurde eine Quantum Architecture Search entwickelt. Dieser multikriterielle, genetische Algorithmus erstellt unter Zuhilfenahme des ZX-Calculus einen Quantenschaltkreis um ein konkretes Problem (z.B. Optionsbewertung) zu lösen und berücksichtigt dabei mehrere Faktoren wie die Lösungsqualität, die Spezifikationen der zugrundeliegenden Hardware aber auch wünschenswerte Eigenschaften des Schaltkreises (z.B. Schaltkreistiefe). Dieser wurde spezifisch zur Generierung von QML-Schaltkreisen entwickelt (z.B. Quantum Monte-Carlo-Integration), lässt sich aber auch für variationelle Algorithmen aus der Optimierung einsetzen. Ein weiterer Fokus liegt auf der Quanten-Fourier-Transformation (QFT), die in diversen QML-Modellen integriert ist. Die QFT ermöglicht eine exponentielle Beschleunigung der klassischen Fouriertransformation, die einen Flaschenhals bei der Erstellung von Ersatzmodellen für Multiskalensimulationen von Verbundwerkstoffen darstellt. Es wurden erste Ergebnisse auf IBM-Quantenrechnern erzielt. QAE wurde verwendet, um eine Unit Step Function auf Quantencomputer zu modellieren. Diese wird unter anderem in der Optionsbewertung von Finanzderivaten benötigt. Ein weiterer Fokus unserer Arbeit lag auf Quanten Neuronalen Netzen (QNN). Hier wurde das Frequenzspektrum der zugrundeliegenden Fourierreihe untersucht und Eigenschaften entdeckt, die für eine effizientere Implementierung von QNNs eine wichtige Rolle spielen.
Zusätzlich wird am Fraunhofer ITWM unter anderem im Rahmen des Quant²AI-Projekts Quanten-KI-Pipelines für z.B. Anomaliedetektion, Clustering, Klassifikation, Regression sowie Bilderkennung und –segmentierung. In diesem Projekt wird ein umfassender Überblick über relevante KI-Anwendungen und die Bewertungsdimensionen des Benchmarks geboten. Zunächst wurden Problembeispiele und Datensätze für den Benchmark vorbereitet und ein modularer Demonstrator implementiert, der sämtliche Aspekte der Pipeline integriert und deren Leistung bewertet. Schließlich wird ein Visualisierungskonzept entwickelt, um die Performance der gesamten Pipeline anschaulich und sichtbar darzustellen.
Die Implementierung von Quantenalgorithmen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Machine Learning- (ML-)Ansätzen erweist sich oft als stark anwendungsspezifisch und komplex. Der Ansatz des Automated Machine Learning (AutoML) ermöglicht bereits, die Implementierung von ML zu automatisieren und benutzerfreundlicher zu gestalten. Das Fraunhofer IAO befasst sich daher mit der Erweiterung dieser Ansätze um Quantencomputingverfahren – insbesondere im Produktions- und Automotive-Bereich – und ermöglicht so einen vereinfachten Zugang zu QML-Methoden. Dies beinhaltet die Entwicklung und Einbettung anwendungsfallspezifischer QML-Algorithmen sowie die Entwicklung von Quantenoptimierungsalgorithmen für eine effiziente (Q)ML-Auswahl mittels Quantum Neural Networks (QNNs), Quantum Support Vector Machines (QSVMs), Quantum Computing (Convolutional) Neural Networks (QC(C)NNs) oder Quantum Circuit Learning.