Bioökonomie - Fraunhofer-Projekte 2022

Sensorsysteme mit kleinsten Mikrobatterien gegen das Bienensterben

Konzept eines bienengetragenen RFID-Sensors, der unterstützt durch eine miniaturisierte Batterie des Fraunhofer IZM die Forschung zur Bienengesundheit vorantreiben soll
© Micro-Sensys GmbH
Konzept eines bienengetragenen RFID-Sensors, der unterstützt durch eine miniaturisierte Batterie des Fraunhofer IZM die Forschung zur Bienengesundheit vorantreiben soll

Bienen liefern den Menschen nicht nur Honig, sondern sichern durch die Bestäubung von Kräutern, Sträuchern und Bäumen den Artenerhalt. Dadurch erwirtschaften Honig- und Wildbienen laut einer Untersuchung der Universität Hohenheim in Deutschland ca. 1,6 Mrd. € für die Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion. Das Konsortium des Projekts »Sens4Bee« untersucht mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Bienengesundheit vor dem Hintergrund eines Umwelt- und Landwirtschafts-Monitorings. Dazu werden u. a. Bienen mit einem miniaturisierten, integrierten Sensorsystem ausgestattet, um die Ursachen des weltweiten Bienensterbens zu erforschen.

Verschiedene Sensorsysteme sollen Parameter wie Temperatur, Feuchtigkeit, Vibration, Flugbewegung, Helligkeit und akustische Signale im Bienenstock und an Einzeltieren erfassen. Die gewonnenen Daten werden anschließend zusammen mit Umweltereignissen und -parametern analysiert. Dafür entwickeln die Micro-Sensys GmbH und das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM Sensoren, die eine extrem kleine Mikrobatterie und Micro Energy Harvesting in einem System verbinden. Benötigt wird ein so kleines und leichtes (weniger als 10 Milligramm wiegendes) Modul, damit es von Bienen auf dem Rücken getragen werden kann, nachdem es tierfreundlich mit einem biokompatiblen Kleber befestigt wurde. Integriert in das Modul werden eine miniaturisierte Lithiumbatterie, ein Solarmodul und kleinste Sensor-Datenlogger. Die Batterie soll während der Flugphase durch das Tageslicht und im Bienenstock mittels Infrarotlicht aufgeladen werden.

Die gesammelten Daten werden vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ verarbeitet, mit Umweltereignissen ergänzt und in einer intelligenten Cloud-Lösung analysiert. Letztlich soll eine smarte Datenverarbeitung mit Handlungsempfehlungen für Imkereien geschaffen werden. Weitere am Projekt beteiligte Partner sind das Julius Kühn-Institut, die Heinrich Holtermann KG und der Deutsche Imkerbund e. V. 

 

Presseinformation »Dem Bienensterben mit energieautarken Sensoren auf der Spur«

Plactid®-Produktionslinie eröffnet

Dr. Gerald Hauf, Geschäftsführer der Polymer-Gruppe und Dr. Antje Lieske, Leiterin der Abteilung »Polymersynthese« am Fraunhofer IAP eröffnen mit innovativen PLA-Copolymeren neue Anwendungsfelder für Biokunststoffe.
© Polymer-Gruppe
Dr. Gerald Hauf, Geschäftsführer der Polymer-Gruppe und Dr. Antje Lieske, Leiterin der Abteilung »Polymersynthese« am Fraunhofer IAP eröffnen mit innovativen PLA-Copolymeren neue Anwendungsfelder für Biokunststoffe.

Die SoBiCo GmbH (Solutions in BioCompounds), eine Tochtergesellschaft der Polymer-Gruppe, eröffnete 2022 eine Produktionslinie für Plactid®. Bei diesen flexiblen Polylactid-Copolymeren handelt es sich um eine neuartige Klasse von Biokunststoffen. Hervorgegangen sind diese aus einer Kooperation der Polymer-Gruppe mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP. Die Entwicklung wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert.

Der Biokunststoff Polylactid, kurz PLA, wird aus Milchsäure gewonnen und besitzt unter den Biokunststoffen ein hohes Marktpotenzial. Jedoch sind herkömmliche PLA-Materialien oft steif und spröde. Die SoBiCo GmbH verschafft dem heute bereits verbreiteten PLA mithilfe eines Copolymers neue mechanische Eigenschaften wie große Reißfestigkeit. Damit will das Unternehmen neue Anwendungsfelder erschließen: beispielsweise in flexiblen Verpackungsfolien, bei automobilen Spritzgussteilen und bei thermoplastischen Elastomeren im Baugewerbe. 

Bei der Entwicklung des PLA-Copolymers und dessen Herstellungsprozess unterstützen die Polymerfachleuten des Fraunhofer IAP. Das für PLA neuartige Produktionsverfahren basiert auf reaktiver Compoundierung. Dabei wird aus Milchsäure und einem weiteren Comonomer ein PLA-Copolymer synthetisiert. Die Verfahrensschritte der Polymerisation und der Compoundierung konnten die Partner dabei in einem Prozess vereinen. Das spart Zeit, Energie und Kosten. Ziel beider Partner ist es, den biobasierten Anteil von PLA auf 100 Prozent zu erhöhen und erdölbasierte Kunststoffe in möglichst vielen Anwendungen zu ersetzen.

Presseinformation »Produktionslinie für neuartige Biokunststoffe eröffnet«

Ökologisches Superwood für die (Innen-) Architektur

Ökologisches Superwood für die (Innen-) Architektur
© Studio Sofia Souidi
Superwood bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten

Viele Möbelstücke werden aus mitteldichten Holzfaserplatten (MDF) gefertigt, denn sie sind robust gegen Feuchte und Temperaturschwankungen und zudem gut verarbeitbar. Jedoch werden MDF-Platten oft mit formaldehydhaltigen Bindemitteln behandelt. Deshalb entwickelten die Designerin Sofia Souidi und das Fraunhofer Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI ökologische, recyclingfähige Holzfaserplatten: Diese bestehen aus recycelten Altholzfasern und einem Bindemittel aus Milchprotein.

Eine der Herausforderungen war es, ein geeignetes biobasiertes Bindemittel zu finden. Das Projektteam setzte auf Leim aus Casein (Milchprotein), wie er bereits im alten Ägypten als Klebstoff für den Möbel- und Bootsbau genutzt wurde. Casein lässt sich aus Milch extrahieren. Um keine Lebensmittelkonkurrenz zu schaffen, wird der Rohstoff aus jenen Milchmengen gewonnen, die aufgrund von Hygieneauflagen den Lebensmittelmarkt nicht erreichen. Kombiniert man Casein mit Altholzfasern, entsteht daraus ein pressfähiges Material, das sich wie MDF verarbeiten lässt: »Superwood«, wie es die Kooperationspartner nennen. Es lässt sich sowohl zu Platten als auch zu Formteilen pressen. Farbpigmente und Granulate können beigemischt werden und eröffnen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Mit »Superwood« bekommen die Holzwerkstoffindustrie und Branchen wie Möbelindustrie, Innenarchitektur, Messebau und Veranstaltungsorganisation die Möglichkeit, zunehmend strengere Anforderungen zu Nachhaltigkeit und Formaldehydemissionen einzuhalten. Das recycelte und recyclingfähige Baumaterial Superwood bietet sich zudem als Alternative zu Gipskartonplatten für die Innenarchitektur oder für Fahrzeuginterieurs von Wohnmobilen und Wohnwagen an. Die Kooperation des Fraunhofer WKI und der Designerin Sofia Souidi wurde zunächst durch das Fraunhofer-Netzwerk »Wissenschaft, Kunst und Design« gefördert. Die IKEA Stiftung ermöglichte eine Anschlussförderung bis Mitte 2022.

 

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt

Technologien für die Anpassung an den Klimawandel

Initiative Morgenstadt  - Quartierslösung in Kochi, Indien
© Fraunhofer
Quartierslösung in Kochi, Indien

Die Initiative Morgenstadt® (eine eingetragene Marke der Fraunhofer-Gesellschaft) untersucht die Auswirkungen des Klimawandels und erarbeitet in mehreren Projekten Maßnahmen zur Anpassung: Beispielhaft wird in Kochi (Indien), Saltillo (Mexiko) und Piura (Peru) eine Methodik zur Stadtanalyse an die Bedingungen in Schwellenländern angepasst. Gefördert werden diese Vorhaben im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV).

In der südwestindischen Küstenstadt Kochi macht sich der Klimawandel bereits massiv bemerkbar: Die Hitzeinseln in der stark versiegelten Stadt nehmen zu, ebenso wie die Überschwemmungen infolge von Starkregenereignissen. So führten Überschwemmungen und Erdrutsche in den Jahren 2018 und 2019 zu zahlreichen Todesfällen und großen Schäden in der gesamten Stadt. Eine von 15 vorgeschlagenen Maßnahmen sieht daher vor, ein nachhaltiges Quartier zu entwickeln, in dem Lösungen zur Gewinnung regenerativer Energie, zur Verminderung des Überflutungsrisikos und zur dezentralen Abwasserreinigung integrativ verknüpft werden. Grüne Infrastruktur soll beispielsweise Regenwasser speichern, das Kanalsystem bei Starkregenereignissen entlasten und über die Verdunstung für Kühlung sorgen. Im Rahmen eines Demonstrationsprojekts an der Government Higher Secondary School in einem Stadtteil von Kochi testen Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit regionalen Partnern konkrete Technologien. Dort werden Dachbereiche mit einem speziellen Anstrich zur Kühlung (Cool Coating) versehen, Teile der Fassade begrünt und es wird ein Pavillon samt Dachbegrünung für den Aufenthalt auf dem Schulhof errichtet. Das Abwasser der Schule, das bisher vor Ort versickert, wird über ein naturnahes Verfahren behandelt, sodass es zur Bewässerung von Grünflächen genutzt werden kann. Im benachbarten Stadtviertel werden auf 20 Dächern Photovoltaikmodule installiert und intelligent miteinander vernetzt, sodass die Energieversorgung unabhängiger und klimafreundlicher wird.

Morgenstadt Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft

Zur Projekt-Website MORGENSTADT GLOBAL SMART CITIES INITIATIVE - MGI