Künstliche Intelligenz - Fraunhofer-Projekte 2022

Effizienteres Leercontainer-Handling in der maritimen Logistik

Schiffscontainer sind entscheidend für das Funktionieren internationaler Lieferketten und den Welthandel.
© Studio Bogumil /Fraunhofer
Schiffscontainer sind entscheidend für das Funktionieren internationaler Lieferketten und den Welthandel.

Die weltweiten Handelsketten basieren, vor allem beim Seetransport, auf Standardcontainer-Einheiten. Knapp 30 Millionen solcher Schiffscontainer mit einer Gesamtkapazität von 47 Millionen TEU (Einheit TEU = 20-Fuß-Standardcontainer) sind weltweit im Einsatz. Ein schneller Umschlag der Container und eine rasche Zurückgabe leerer Boxen ist daher mit entscheidend für das Funktionieren der Lieferkette.

Ein Nadelöhr bildet die regelmäßige Inspektion und die möglicherweise darauffolgende Reparatur der Boxen. Jeder neue Container wird nach Ablauf von fünf Jahren regelmäßig von Fachleuten inspiziert – etwa auf mechanische oder witterungsbedingte Schäden. Die Effizienz der Containerinspektion zu steigern war daher Ziel des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Projekts COOKIE (COntainerdienstleistungen Optimiert durch Künstliche IntelligEnz). Projektpartner waren die HCCR Hamburger Container- und Chassis-Reparatur GmbH (Koordinator) und das Fraunhofer-Center für Maritime Logistik und Dienstleistungen CML, Teil des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML. Weiteres Projektziel war die Optimierung der Tankcontainerreinigung mittels eines KI-Systems.

Die Hafeninspektoren nutzen Handheld-Geräte, um Schäden durch Bildaufnahmen zu dokumentieren und zu bewerten. Unterstützt werden die »Checker«, wie sie im Hafenjargon genannt werden, durch im Projekt entwickelte 3D-Modelle, welche eine sehr zuverlässige und detailgenaue Lokalisierung und Identifikation der Schadstellen ermöglichen. Dies bietet die Basis für transparente Reparatur- und Kostenvoranschläge und erhöht somit das nötige Vertrauen der Reedereien und Leasinggesellschaften gegenüber dem Reparaturdienstleister. Die Verbesserung der Datenqualität ist gleichzeitig das Fundament für die Weiterentwicklung und den erfolgreichen Einsatz von KI-Modellen, die zukünftig zur Automatisierung des Inspektionsprozesses beitragen können.

Weitere Informationen zum Forschungsprojekt

 

Remanufacturing statt Recycling für Fahrzeugteile

© Fraunhofer IPK/Larissa Klassen
KI-unterstütztes Assistenzsystem zur teilautomatisierten Verlesung von gebrauchten Bauteilen.

Ein wichtiger Hebel für den Klimaschutz ist die Kreislaufwirtschaft. Das Remanufacturing, das Angleichen von Gebrauchtteilen an den Neuzustand, stellt dafür eine Schlüsselkomponente dar. Um diesen Prozess effizient und rentabel zu gestalten, ist eine eindeutige Identifikation und Bewertung entscheidend: Viele Produkte, speziell im Automobilsektor, unterscheiden sich kaum voneinander und sind aufgrund von Verschmutzung und Verschleiß nur schwer zu identifizieren. Bislang wird diese Aufgabe von Fachleuten manuell erledigt.

Das Förderprojekt EIBA des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) setzt hier mit einem Assistenzsystem auf der Basis Künstlicher Intelligenz (KI) an: Künftig sollen die Fachleute beim Erkennen und Beurteilen von defekten Verschleißteilen wie Anlasser, Klimakompressoren oder Lichtmaschine durch ein zuverlässiges, KI-basiertes Vorschlagswesen unterstützt werden. Konsortialpartner sind die Circular Economy Solutions GmbH, das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK, die Technische Universität Berlin und acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.

Das Konsortium vereinigte zunächst eine bildbasierte Verarbeitung auf der Basis von Convolutional Neural Networks und eine Analyse von spezifischen Geschäftsdaten – etwa Herkunft, Kunde, Datum und Ort der Teile. Die Informationen werden von zwei KI-Systemen parallel verarbeitet und fusioniert. Das Ergebnis wird der Fachkraft in Form einer Vorschlagsliste mit Vorschaubild und Teilenummer vorgestellt: Damit liegt weiterhin die Entscheidung beim Experten.

Jährlich werden etwa fünf bis sieben Prozent von einer Million Altteilen, die die Circular Economy Solutions GmbH handhabt, also bis zu 70 000 Stücke, aussortiert, weil sie nicht identifiziert werden können. Eine Projektstudie zeigt eine Wiedererkennungsgenauigkeit von 98,9 Prozent. Bezogen auf die 70 000 aussortierten Altteile können durch eine KI-basierte Identifikation voraussichtlich 67 200 mehr Altteile als zuvor dem Kreislauf zugeführt werden. So wird das Abfallaufkommen gesenkt, der CO2-Fußabdruck reduziert und die Lebensdauer der Produkte verlängert.

 

Presseinformation »Aus alt mach neu: Ein zweites Leben für Fahrzeug-Bauteile«

KI vertrauenswürdig gestalten – Absicherung und Prüfung von KI-Systemen

Die Software-Toolbox ScrutinAI wurde für die Analyse von Bild- und Videodaten entwickelt. Sie kann das Vorgehen von KI-Modellen sichtbar machen.
© Fraunhofer IAIS
Die Software-Toolbox ScrutinAI wurde für die Analyse von Bild- und Videodaten entwickelt. Sie kann das Vorgehen von KI-Modellen sichtbar machen.

Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht vielerlei Erleichterungen im Alltag oder die Automatisierung von Prozessen – etwa die automatisierte Analyse von Bewerbungsdokumenten oder Bilderkennungsverfahren, die bei der Qualitätssicherung den Herstellungsprozess unterstützen. Einsatzbereit für Unternehmen und Anwendende sind KI-Systeme jedoch oftmals erst, wenn Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und der Weg der Entscheidungsfindung durch das System gesichert und nachgewiesen sind. Standards und Gesetze zum nachweislich zuverlässigen Einsatz von KI sind in Vorbereitung, etwa der europäische AI ACT. Auch im Projekt ZERTIFIZIERTE KI der Kompetenzplattform KI.NRW wird daran gearbeitet, dass sichere KI in die breite Anwendung gehen kann. Hier entwickeln Forschende des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS gemeinsam mit Partnern wie dem Deutschen Institut für Normung (DIN) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) standardisierbare Prüfverfahren »made in Germany«. Bereits 2021 veröffentlichte das Fraunhofer IAIS einen Prüfkatalog für KI: Das praxistaugliche Dokument stellt Unternehmen das Handwerkszeug zur Verfügung, mit dem sie bereits im Entwicklungsprozess ihre Systeme selbst evaluieren und verbessern können und sich so auf zukünftige regulatorische Anforderungen vorbereiten können. Gleichzeitig kann der Prüfkatalog von unabhängigen Prüforganisationen als Grundlage für Produktprüfungen genutzt werden.

Erste Partner aus der Wirtschaft setzen die Expertise des Fraunhofer IAIS bereits für konkrete Prüfservices ein: Seit Mitte 2022 unterstützt das Fraunhofer IAIS als technischer Partner das Angebot »CertAI« von Munich Re. Dieser Prüfservice für KI-Anwendungen ermöglicht es Unternehmen, KI-Systeme hinsichtlich Vertrauenswürdigkeit zu bewerten und so für ihren Geschäftserfolg zu entwickeln, zu nutzen oder zu erwerben. Neben der Definition und Operationalisierung von Qualitätsanforderungen stellen die KI-Experten und -Expertinnen des Fraunhofer IAIS sicher, dass die Bewertungen von KI-Systemen im Rahmen von CertAI nach dem neuesten Stand von Forschung und Entwicklung erfolgen.

 

KI-Prüfkatalog - Fraunhofer IAIS

Forum Zertifizierte KI

Bestandsplanung hilft Vor-Ort-Apotheken

Mit KI-basierten Prognosen lässt sich die Bestandshaltung für Apotheken optimieren
© iStock
Mit KI-basierten Prognosen lässt sich die Bestandshaltung optimieren

Die Anzahl der Apotheken in Deutschland sei stetig rückläufig, meldete die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. bereits 2020. Doch die direkte Versorgung mit Medikamenten und die persönliche Beratung durch Fachpersonal bleiben weiterhin nötige Bausteine der gesundheitlichen Infrastruktur, nicht nur für ältere Menschen. Für die Konkurrenzfähigkeit von Vor-Ort-Apotheken gegenüber Online-Apotheken ist die Bestandsplanung ein entscheidender Faktor. Die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS untersucht daher seit Anfang 2022 Möglichkeiten, diese zu optimieren. Dazu wird der Bedarf an verschiedenen Medikamenten mithilfe einer KI-basierten Prognose vorhergesagt. Berücksichtigt werden saisonale Einflüsse und Muster wie der regelmäßige Bedarf von Stammkunden. Ein mathematisches Optimierungsmodell koppelt diese Prognose dann mit Restriktionen wie der Lagergröße oder aktuellen Bestellkonditionen und liefert so die optimale Bestellentscheidung. Dadurch können Kundenbedarfe direkt bedient und gleichzeitig kann die Kapitalbindung durch Waren im Lager niedrig gehalten werden. Das im Projekt entwickelte Bestellverfahren läuft weitgehend automatisiert ab. Damit gewinnt das qualifizierte Fachpersonal auch wieder mehr Zeit für die Beratung.

Das Forschungsteam konnte bei der Optimierung der Bestandsplanung in Apotheken auf Projektergebnisse zurückgreifen, die bereits für den Großhandel aus dem Bereich Sanitär, Heizung und Klima erarbeitet wurden. Das Förderprojekt für die Bestandsplanung in Apotheken wird vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie sowie vom Bayerischen Verbundforschungsprogramm Digitalisierung noch bis Ende 2024 gefördert.

 

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