Die Nukleinsäuren RNA und DNA kommen nicht nur in Zellen vor, sie können auch Bestandteile von Medikamenten sein. Allgemein bekannt sind seit der Corona-Pandemie mRNA-Impfstoffe. Mediziner weltweit setzen große Hoffnung auf Nukleinsäure-basierte Wirkstoffe – sie haben das Potenzial, bislang schwer therapierbare Erkrankungen behandeln zu können, unter anderem auch einige Krebsarten. Doch bislang hat sich die sichere und wirksame Übertragung dieser empfindlichen Nukleinsäuren in die Zellen, wo ihre Botschaft in Proteine übersetzt werden kann, als große Herausforderung erwiesen. Eine schützende Hülle ist erforderlich, um den empfindlichen Wirkstoff in die Körperzellen zu transportieren. Die Herstellung der Nanopartikel erfolgt durch fluidische Mischprozesse. Eine sehr vollständige und schnelle Mischung ist notwendig, um die erforderliche Partikelqualität zu erzeugen. Für den industriellen Maßstab gibt es Impingement-Jet-Mixer (auch T-Mixer oder Y-Mixer genannt). Sie ermöglichen zwar einen hohen Durchsatz, der aber zu Lasten der Mischungsgüte geht.
Besser und schneller mischen
Mit der Fraunhofer Dynamic Mixing Technologies (FDmiX)-Plattform ist es dem Fraunhofer IPK gemeinsam mit der FDX Fluid Dynamix GmbH gelungen, den Brückenschlag zwischen Mischungsgüte und Durchsatz zu realisieren. Die FDmiX-Plattform erlaubt eine gleichbleibend hohe Mischungsqualität vom Laboreinsatz bis hin zur Serienproduktion. Sie wurde bereits erfolgreich für die Herstellung von Lipid- und Polymernanopartikeln sowie von Nanoemulsionen getestet. Wie sich in zahlreichen Tests gezeigt hat, ist die Mischungsgüte der Technologie-Plattform FDmiX den bislang verfügbaren Systemen überlegen und erlaubt die Produktion einer bisher unerreichbaren Partikelqualität. Auch bei der Skalierung überzeugt das System, da nach Bedarf bei Volumenströmen zwischen 5 ml/min und 1,5 l/min verkapselt werden kann, ohne die Partikeleigenschaften zu beeinflussen. Die Lonza Group AG, ein globaler Entwicklungs- und Produktionspartner für die Pharma-, Biotech- und Nutraceutical-Märkte, hat die patentierte FDmiX-Technologie lizensiert und nutzt sie bereits.
»Humanzellen wehren sich gegen fremdes genetisches Material. Daher müssen die mRNA-Wirkstoffe in Nanopartikeln eingeschlossen werden. Die Partikel übernehmen also die Funktion einer Schutzhülle, und zwar so lange, bis der Wirkstoff in die Körperzelle eingedrungen ist«, sagt Christoph Hein, Leiter des Geschäftsfelds Ultra- und Hochpräzisionstechnik am Fraunhofer IPK in Berlin. Um die Nanopartikel fertigen zu können, muss man den in einem Puffer gelösten Wirkstoff mit einer anderen Lösung, etwa einer Lipidlösung, mischen. Sobald die beiden Flüssigkeiten miteinander vermischt sind, entstehen Lipid-Nanopartikel, die den Wirkstoff mit einer Lipidhülle verkapseln. »Mit der FDmiX-Plattform erzielen wir deutlich kleinere und homogenere Partikel, deren Größe sich sogar einstellen lässt. Mit FDmiX erreichen wir Mischungen von bisher unerreichter Homogenität bei geringsten Mischzeiten. Dies ist insofern von Relevanz, als die Mischungsgüte nicht nur über die Qualität der Nanopartikel entscheidet, sondern letztendlich auch über deren Wirksamkeit.«
Homogen gemischte Nanopartikel durch clevere Düsenkonstruktion
Doch wie gelingt die Kombination aus zugleich hoher, gleichbleibender Mischungs-güte und Durchsatz? Das Herzstück der FDmiX-Plattform bildet eine OsciJet-Düse der FDX Fluid Dynamix GmbH. Im Inneren der Düse legt sich der Flüssigkeitsstrahl an einer der Seiten in der Hauptkammer an. Vor dem Verlassen der Düse wird ein kleiner Teil des Strahls in einen Seitenkanal umgelenkt. Am Ende des Seitenkanals trifft dieser wieder auf den Hauptstrahl und drückt ihn auf die andere Seite. Dadurch schwingt der Hauptstrahl unentwegt von der einen zur anderen Seite, sodass sich eine hochfrequente Schwingung ergibt. Auf diese Weise trifft die durch die Düse oszillierende Strömung der Lipidlösung senkrecht auf den Strom des mRNA-Wirkstoffs und erzeugt so eine homogene Mischung mit gleich großen Nanopartikeln. In Versuchen mit herkömmlichen Impinging-Mixern prallen Lipidlösung und mRNA-Wirkstoff hingegen aufeinander und fließen durch einen gemeinsamen Kanal ab. Hierbei bildet sich ein dynamisches Wirbelfeld aus, wodurch sich inhomogene Partikel von geringerer Qualität ergeben. »In Verkapselungsversuchen mit mRNA in Lipidnanopartikel mit unterschiedlichen Mischern und Durchflussraten hat FDmiX im Vergleich zu einem T-Mischer bei gleichem Durchfluss kleinere Partikel mit einer deutlich geringeren Streuung erzeugt«, so der Forscher. In Tests konnten die Projektpartner Nanopartikel herstellen, die rund 10 bis 20 Prozent kleiner waren als die mit einem T-Mixer produzierten. Zudem wiesen sie eine deutlich geringere Streuung, eine hohe Verkapselungseffizienz und Partikelintegrität auf.
In der klinischen Phase und der darauffolgenden Produktion sind große Mengen an Nanopartikeln erforderlich. Auch hier kann die Technologie des Fraunhofer IPK und der FDX Fluid Dynamix GmbH überzeugen: Die beiden Projektpartner haben Mischer für unterschiedliche Druck- und Durchflussraten entwickelt und getestet. Die kleinsten Mischer (FDmiX XS) können dabei mit Durchflussraten unterhalb von 5 Milliliter pro Minute arbeiten – die größten (FDmiX XL) mit mehr als 1,5 Litern pro Minute.
Breites Anwendungsspektrum der FDmiX-Nanopartikel
Das Anwendungsspektrum der so hergestellten Nanopartikel ist breit und geht weit über das Verkapseln von mRNA und die Stabilisierung von Impfstoffen hinaus. Beispielsweise lässt sich die Technologie auch in der Kardiologie einsetzen, etwa zum Beschichten von Herzkathetern. Beim Aufweiten der Ballonkatheter während der Untersuchung werden Nanopartikel in die Arterienwand eingelagert und verhindern die Bildung von neuen Ablagerungen an den Gefäßwänden. Auf diese Weise kann eine Stenose, also eine Verengung der Blutgefäße, vermieden werden. Darüber hinaus werden Nanopartikel bei der Tumorbekämpfung genutzt, und auch bei der Therapie von neurogenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Demenz können die Moleküle hilfreich sein.