Windenergie

Bis zum Jahr 2030 ist ein jährlicher Zu­bau von mindestens neun Gigawatt Wind­energie notwendig, um genügend CO2-frei erzeugten Strom für Deutschland zu pro­duzieren. Maßgeblich zur Erreichung der Ziele sind größere und leistungsstärkere Windenergieanlagen auf See, ebenso die Optimierung des Anlagenbetriebs und eine Verringerung der Ausfallzeiten.

Windenergie basiert auf einer techno­logisch hochentwickelten Anlagentechnik, die auch das Ergebnis einer Viel­zahl innovativer Forschungsprojekte ist. In den vergangenen fünf Jahren hat allein das Fraunhofer-Institut für Windenergie­systeme IWES an 500 Forschungsprojek­ten gearbeitet – vom Planungsprozess, der Entwicklung, der Errichtung sowie dem Betrieb, der Überwachung der Maschinen, der Reparaturprozesse, der Lebensdauer bis hin zum Abbau und der Wiederver­wertung aller Komponenten.

Um das Potenzial der Offshore-Tech­nologie voll auszuschöpfen, wird noch weitere Forschung nötig sein – schließlich sind die Bedingungen, unter denen die gi­gantischen Anlagen arbeiten müssen, ex­trem: Salzwasser, Orkane mit Windstärke 12, 15 Meter hohe Wellen. Hinzu kommen weitere Herausforderungen: Da das Fun­dament auf See sehr teuer ist, werden mög­lichst große Anlagen errichtet. Der aktuell größte Prototyp liefert bei einem Rotor­durchmesser von 222 Metern eine Maxi­malleistung von 14 Megawatt. Im Vorfeld sind umfangreiche und realitätsnahe Tests der Anlagen und ihrer Komponenten not­wendig. Das Fraunhofer IWES hat dazu die Prüfinfrastruktur aufgebaut und unter­stützt die Industrie mit dem Test der neu­esten Prototypen und der ständigen Wei­terentwicklung der Validierungsmethodik.

Hoffnungsträger Windenergie

Bei Rotorblättern bis zu einem Durchmesser von 222 Metern brauchen die Anlagen ein stabiles Fundament. Dr. Benedict Preu vom Fraunhofer IWES hat eine Lösung, um die Risiken beim Bau zu minimieren.

 

 

 

»Wir haben für die nächsten Jahre bereits Anfragen für bis zu 120 Millionen Euro aus aller Welt.«


Dr. Benedict Preu, Fraunhofer IWES

Aber nicht nur extreme Stürme sind eine Herausforderung für die Hightech-Anla­gen auf See – entscheidende Risiken für den Bau der riesigen Anlagen liegen auch verborgen im Meeresboden: Ein besonders großes Risiko stellen Objekte wie Findlin­ge im Boden dar, auf die die Gründungs­struktur beim Einsetzen in den Boden sto­ßen könnte. Würde sie dabei derart stark beschädigt, dass sie entfernt und ersetzt werden muss, können direkte Kosten von bis zu 15 Millionen Euro entstehen – mit zusätzlichen Folgekosten in mehrstelliger Millionenhöhe. Über ein Messverfahren des Fraunhofer IWES und der Universität Bremen lässt sich das Risiko nun deutlich minimieren. »Wir leiten akustische Sig­nale, erzeugt über eine elektrische Quelle oder eine Druckluftquelle, in den Boden ein. Befindet sich ein Objekt darin, wirft es den Schall zurück – was wir messen können«, sagt Dr. Benedict Preu, Abtei­lungsleiter Baugrunderkundung beim Fraunhofer IWES. Das innovative Ver­fahren sprach sich unter den Windpark­betreibern schnell herum: »Wir haben für die nächsten Jahre bereits Anfragen für bis zu 120 Millionen Euro aus aller Welt – bei Weitem mehr, als wir stemmen können«, freut sich Preu. Nun sollen Lizenzverträge helfen, diesem Anfragesturm gerecht zu werden. Selbst bis in das Versicherungs­wesen hinein wirkt sich die Technologie aus: Versicherungen berücksichtigen die Untersuchungsmethode des Fraunhofer IWES bei der Berechnung der Prämien.

In einer Weiterentwicklung der Me­thode sollen im Boden verlegte Kabel eben­falls detektiert werden – etwa Starkstrom­kabel, die den Strom der Windparks gen Land transportieren. Nach staatlicher Vor­gabe muss die Lage und Tiefe solcher Kabel einmal jährlich überprüft werden, um keine Gefährdung für die Fischerei dar­zustellen und eine zu starke Erwärmung des Meeresbodens auszuschließen. Aller­dings müssen bei Anwendung konventio­neller Verfahren die Stromkabel für diese Messung bis zu zwei Wochen abgeschaltet werden. Da oftmals bis zu zehn Windparks ihre Energie in ein einziges Starkstrom­kabel einspeisen, geht das schnell ins Geld. »Mit unserer Technologie können wir die Lage und Tiefe der Kabel erstmalig flächen­deckend auch bei laufendem Betrieb unter­suchen«, bestätigt Preu.