Next Generation Computing - Fraunhofer-Projekte 2022

Mobilfunkstationen mit 50 Prozent weniger Energieverbrauch

Auf Basis des Leistungshalbleiters AlScN entwickelt das Fraunhofer IAF energieeffiziente Schaltungen und Komponenten
© Fraunhofer IAF
Auf Basis des Leistungshalbleiters AlScN entwickelt das Fraunhofer IAF energieeffiziente Schaltungen und Komponenten

Im Rahmen der »Green ICT«-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) startete Anfang 2022 auf der Basis von preisgekrönten Vorarbeiten ein Verbundprojekt, um energieeffiziente Edge-Cloud-Mobilfunksysteme zu entwickeln. Die Fraunhofer-Institute für Angewandte Festkörperphysik IAF und für Integrierte Schaltungen IIS wollen mit der Universität Freiburg und Industrieunternehmen bis 2025 den Energieverbrauch von Mobilfunkstationen bei der Übertragung im Millimeterwellenbereich von 5G um 50 Prozent senken. Dazu kombinieren die Partner energieeffiziente Bauelemente mit intelligenter und bedarfsgerechter Steuerung.

Das Fraunhofer IAF stellt dafür Leistungshalbleiter auf Basis von Aluminiumscandiumnitrid (AlScN) her und verbaut diese in Transistoren mit hoher Elektronenbeweglichkeit (High-Electron-Mobility Transistors, HEMTs). Der Einsatz dieses Halbleitermaterials, welches das Institut mittels metallorganischer chemischer Gasphasenabscheidung (MOCVD) herstellt, erlaubt durch seine hohe Stromtragfähigkeit gegenüber etablierten Halbleitern wie Silizium, Galliumarsenid oder Galliumnitrid potenziell eine deutlich höhere Leistungsdichte und Verstärkung. Weiteres Einsparpotenzial ergibt sich aus einer intelligenten Vernetzung und bedarfsgerechten Steuerung der Sende- und Empfängermodule mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz (KI) und aus einem effizienten Elektronikaufbau. Die innovative Elektronikarchitektur des Fraunhofer IIS setzt auf eine teilweise Verlagerung der Verarbeitungskapazitäten von der zentralen Infrastruktur (Cloud) an den Rand des Netzwerks (Edge) und sieht vor, dass bereits dort Datenverarbeitung stattfindet.

Zahlreiche Industriepartner unterstützen die Realisierung eines Antennensystems (Remote Radio Head, RRH), in dem diese Technologien zusammengeführt werden: Nokia mit der Entwicklung neuartiger Hochfrequenz-Transistoren, United Monolithic Semiconductors GmbH bei der Schaltkreis-Prozessierung und die Deutsche Telekom AG mit der Bewertung und Übertragung von Testergebnissen.

Bereits 2021 waren Vorarbeiten zu EdgeLimit mit dem zweiten Platz im Innovationswettbewerb »Elektronik für energiesparsame Informations- und Kommunikationstechnik« des BMBF ausgezeichnet worden.

 

Presseinformation » Fraunhofer IAF arbeitet mit Partnern an energieeffizientem Edge-Cloud-Mobilfunksystem auf AlScN-Basis«

QSolid: Ziel ist der erste deutsche Quantencomputer

Kryogener Aufbau und Ansteuerung eines supraleitenden Quantencomputers am Forschungszentrum Jülich
© Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau
Kryogener Aufbau und Ansteuerung eines supraleitenden Quantencomputers am Forschungszentrum Jülich

»Auf dem Weg zum ersten deutschen Quantencomputer« lauteten Schlagzeilen zum Start des Förderverbundprojekts QSolid. Damit will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis 2024 mit 76,3 Mio. € Fördermitteln einen Demonstrator für einen kompletten Quantenrechner, basierend auf Spitzentechnologie aus Deutschland, realisieren.

Das vom Forschungszentrum Jülich koordinierte Forschungskonsortium will den Weg zur Kommerzialisierung von Quantencomputern ebnen und ein umfassendes Ökosystem für einen auf supraleitenden Qubits basierenden Demonstrator schaffen. Am Ende der Entwicklung soll der Demonstrator für externe Nutzer über die Jülich UNified Infrastructure for Quantum computing (JUNIQ) zugänglich sein. Ziel der Konsortialpartner ist es, ein System mit verschiedenen, auch supraleitenden Quantenprozessoren, zu entwickeln. Supraleitende Schaltkreise der nächsten Generation, darunter ein »Moonshot«-System, das nachweislich die Rechenleistung herkömmlicher Computer übertrifft, sowie qualitativ hochwertige Qubits sollen für eine reduzierte Fehlerrate und bisher unerreichte Rechenleistungen sorgen.

Fraunhofer beteiligt sich mit seinen Instituten für Photonische Mikrosysteme IPMS (Bereich Center Nanoelectronic Technologies) sowie für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM (Institutsteil All Silicon System Integration Dresden). Gemeinsam mit dem Partnerunternehmen GLOBALFOUNDRIES bringen sie ihr Know-how und ihre Infrastruktur ein, um skalierbare Quantenprozessoren zu designen und herzustellen. Dies betrifft z. B. Herstellungsprozesse wie Abscheidung, Nanostrukturierung oder die elektrische und kryogene Charakterisierung im Wafermaßstab. Insbesondere soll eine Interposer-Technologie entwickelt werden, die sich auf hochdichte supraleitende Verbindungen und thermische Entkopplung durch fortschrittliches Packaging konzentriert.

Der Ansatz mit supraleitenden Qubits gilt in der internationalen Gemeinschaft als vielversprechend. Um die Projektziele von QSolid zu erreichen, fließen Ergebnisse bereits gestarteter nationaler und europäischen Verbundprojekte ein.

Presseinformation »Fraunhofer IPMS beteiligt sich an nationalem Projekt zur Entwicklung des ersten deutschen Quantencomputers«

Sensoren lernen das Denken

Forschende am Fraunhofer IWU bei der Erfassung erster anwendungsspezifischer Trainingsdaten für die KI des NeurOSmart-Systems
© Fraunhofer IWU
Forschende am Fraunhofer IWU bei der Erfassung erster anwendungsspezifischer Trainingsdaten für die KI des NeurOSmart-Systems

Im Fraunhofer-Leitprojekt NeurOSmart forschen fünf Fraunhofer-Institute gemeinsam an besonders energieeffizienten und intelligenten Sensoren für die nächste Generation autonomer Systeme. Dabei werden die Brücken zwischen Wahrnehmung und Informationsverarbeitung durch innovative Elektronik neu definiert.

Damit Roboter für ihre vielen Anwendungsgebiete weitgehend autonom arbeiten können, werden sie entsprechend mit mobilen Supercomputern und zahlreichen Sensoren gespickt. Dies bringt allerdings einen erheblichen Energieverbrauch mit sich, der aktuellen Prognosen zufolge in den nächsten Jahrzehnten an die Grenzen der weltweiten Energieerzeugung stoßen wird. Deshalb setzen die Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher auf eine dezentrale Intelligenz, maßgeschneidert auf den jeweiligen Sensor. Als Vorbild dieser sogenannten neuromorphen Elektronik dient das sehr energieeffizient arbeitende menschliche Gehirn. Statt wie bisher mehrere Komponenten mit einer energieintensiven Kommunikation untereinander einzusetzen, baut der andere Ansatz auf einer neuartigen analogen Computer-Speichertechnologie auf. Damit können Objekte und ihr Verhalten exakt und in Echtzeit erkannt werden.

Parallel dazu entwickeln die Forschenden besonders kleine und effiziente Modelle für die Objekterkennung und -klassifizierung, die speziell auf den Sensor, die neuen Möglichkeiten der direkt integrierten Elektronik und ihre Anwendungen angepasst werden. Das Resultat ist eine schnelle Reaktionszeit, erhöhter Datenschutz und erhebliche Energieeinsparung gegenüber dem aktuellen Trend zu cloudbasierten Lösungen, die bevorzugt auf immer größere, energieintensivere Modelle zurückgreifen. Dieser Ansatz soll in den nächsten Jahren mit einem komplexen, bei Fraunhofer entwickelten LiDAR-System (Light Detection And Ranging System) kombiniert und in anwendungsnaher Umgebung erprobt werden. Dieses 3D-Laserscanning-System ist entscheidend für autonome Systeme, da es seine Umgebung auch bei schlechten Sichtverhältnissen und über einen weiten Entfernungsbereich erkennt.

Zur Presseinformation »NeurOSmart«

Photonik soll das Internet of Things sichern

Elektronik soll vertrauenswürdiger werden – etwa durch lichtbasierte Datenübertragung und -berechnung. Die Schaltung repräsentiert das Design und die Herstellung in Silizium-Stickstoff-Technologie.
© Fraunhofer IZM
Elektronik soll vertrauenswürdiger werden – etwa durch lichtbasierte Datenübertragung und -berechnung. Die Schaltung repräsentiert das Design und die Herstellung in Silizium-Stickstoff-Technologie.

Bereits heute generieren unzählige Apps Mehrwerte für Endverbraucher, Industrie, Logistik und Wirtschaft, indem intelligente physische und virtuelle Gegenstände im Internet of Things (IoT) vernetzt werden. Bis zum Jahr 2025 wird eine Steigerung von 30 auf 75 Milliarden IoT-Geräte prognostiziert. Damit wird die Aufgabe, das IoT und dessen Anwendungen gegen Cyberattacken zu schützen, noch dringlicher. Bisher werden dafür meist hardwareunterstützte kryptographische Algorithmen eingesetzt. Doch mit dem Anstieg der Kommunikationsgeschwindigkeiten entsteht hier ein zunehmend negatives Kosten- und Energiebudget.

An einem neuartigen Ansatz dafür arbeitet seit 2021 ein Konsortium aus Industrie und Wissenschaft mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF): Im Projekt Silhouette, Teil des BMBF-Rahmenprogramms VELEKTRONIK, soll eine universelle Plattformlösung zur Entwicklung von hybriden Systemen entstehen. Wesentlicher Kernpunkt ist es, sicherheitskritische elektrische Signale konsequent in optische Signale zu wandeln, weiter zu verarbeiten bzw. zu validieren und schließlich zurückzuverwandeln. Vorteil der photonischen Übertragungskanäle: Sie sind abhörsicher und kaum manipulierbar. Der hybride Ansatz erlaubt, dass bestehende sicherheitskritische Komponenten von Drittanbietern und damit die aktuelle Anwendungsbreite erhalten bleiben können. Weitere Anforderungen an die Entwicklung sind günstige Herstellungskosten und die Serienproduktion solcher hybriden elektro-optischen Schaltungen. Die angestrebte elektro-optische Plattformlösung des Silhouette-Konsortiums wird im europäischen Wirtschaftsraum verortet, damit Technologiesouveränität und Vertrauenswürdigkeit auch im Design- und Herstellungsprozess gewährleistet sind. Um die Souveränität in der Fertigung zu erreichen, ist eine möglichst einfache, universelle photonische Schnittstelle zu den bestehenden digitalen Komponenten eine Voraussetzung.

Projektkoordinator ist das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS mit weiteren Fraunhofer- und außeruniversitären Instituten sowie mit OSRAM Opto Semiconductors und dem Quantenoptik-Entwickler und -Vermarkter qutools aus München.

 

Zur Presseinformation »Europäisches Gemeinschaftsprojekt entwickelt abhörsichere Kommunikation«