GreenUp-Sahara - Fraunhofer entwickelt Hydrokultur-Konzept

Mit Mittel aus einer Crowdfounding-Kampagne wollen Fraunhofer-Forscher den Gemüseanbau in der algerischen Wüste ermöglichen

Erste Fraunhofer-Crowdfunding-Kampagne ermöglicht Gemüseanbau in der Wüste

© Fraunhofer IEM
In Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen wollen Fraunhofer-Forschende ein integriertes Anbausystem entwickeln.
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Der Ingenieur Ingenieur Taleb Brahim züchtet unter den extremen Bedingungen der algerischen Wüste mit einem selbst entwickelten integrierten System bereits Gerste als Futtermittel für Nutztiere.
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Die Versorgungslage in Flüchtlingslagern in Wüstenregionen spitzt sich zunehmend zu.

Salat in der Sahara geht nicht. DOCH! In einem neuen Projekt wollen Forschende der Fraunhofer-Gesellschaft ein Lowtech-System entwickeln, das es den Menschen vor Ort ermöglicht, mit wenig technischen Möglichkeiten und geringem Ressourceneinsatz Salat, Gemüse und Kräuter zu kultivieren. Zum ersten Mal nutzt Fraunhofer für die Realisierung des Projektes die neue Finanzierungsform des Crowdfunging. Über die Plattform Startnext will das Forscherteam nun die nötigen Mittel für die Umsetzung dieses gemeinnützigen Projektes in kleinen Spenden einsammeln.

Forschungsvorhaben "GreenUp Sahara"

Das Fortschreiten des Klimawandels hat die Situation in den vergangenen Jahren für viele Wüstenbewohner zugespitzt. Die Folge sind Unter- und Mangelernährung der Bevölkerung. Besonders gravierend ist die Lage in Flüchtlingscamps, die seit Jahren von der Hilfe internationaler Organisationen abhängig sind.

Fraunhofer-Forschende sind in ein Camp in der algerischen Sahara gereist, in dem tausende Sahrawi-Flüchtlinge aus der seit über 40 Jahren umkämpften Westsahara ausharren. In diesem Camp sind Lebensmittel und Futter für Nutztiere Mangelware und auch Hilfsorganisationen stoßen hier inzwischen an Grenzen. Um die Notleidenden der Sahrawi zu lindern, ist eine nachhaltige und langfristige Lebensmittelversorgung nötig.

In Zusammenarbeit mit dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (World Food Programme, WFP) hat der Sahrawi-Ingenieur Taleb Brahim ein wassersparendes Hydrokultursystem entwickelt, mit dem Gerste als Tierfutter angebaut wird. Damit hat die Bevölkerung Zugang zum Fleisch und der Milch von Ziegen oder Kamelen. Dieses System liefert bereits in Jordanien und im Tschad Frischfutter für Nutztiere.

Nun wollen Fraunhofer-Forschende gemeinsam mit dem WFP das Konzept weiterentwickeln, um in diesen integrierten Hydrokulturanlagen auch Gemüse, Salat und Kräuter anbauen zu können. Auf diese Weise will Fraunhofer die Lebensmittelversorgung in den Lagern verbessern und ernährungsbedingte Mangelerscheinungen bekämpfen.

Die Menschen vor Ort sollen die Möglichkeit erhalten, eigenen Lebensmittel trotz schwieriger Bedingungen anzubauen. Die Bewohner der Flüchtlingslager sollen mit lokal vorhandenen Materialien Hydrokultur kostengünstig und wassersparend errichten und betreiben können. Daher setzt das Fraunhofer-Team auch auf »Lowtech statt Hightech«. Und so bleibt das integrierte Hydrokultur-Konzept mit einem kaskadischen Gemüseanbau auch bei extremen klimatischen Bedingungen leistungsfähig. 

Natürlich könnten solche Systeme auch in anderen Regionen Anwendung finden.

Für die Umsetzung einer solchen Idee sind Erfindergeist und Leidenschaft nötig, zwei Eigenschaften, die Fraunhofer-Forschende und -Mitarbeitende und Fraunhofer-Alumni einen. Und für diese Projektidee setzt die Fraunhofer-Gesellschaft zum ersten Mal auf das Konzept des Crowdfundings. Und so ermöglichen kleinere Beiträge die Umsetzung dieses Projektes.   

Gesicht dieser Kampagne ist Marc Beckett, Wissenschaftler am Fraunhofer IGB in Stuttgart. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Entwicklung und Implementierung nachhaltiger Wassermanagement- und Wassernutzungssysteme. Anfang des Jahres veröffentlichte Marc mit Kollegen eine Fallstudie zu Rahmenbedingungen für Wasser- und Nährstoffwiederverwendung in Belgien. Aktuell ist er an mehreren Forschungsprojekten zu nachhaltiger Wasser- und Kreislaufwirtschaft im südlichen Afrika und Indien beteiligt.

Neben Marc werden zwei weitere Fraunhofer-Forschende Expertise zu Hydrokulturen und Solartechnik in das Projekt einbringen. Die Kollegen des World Food Programme (WFP) haben langjährige Erfahrung vor Ort und kennen die Gegebenheiten. Zudem soll die lokale Bevölkerung vor Ort, wie der Ingenieur Taleb Brahim, von Anfang an in das Projekt mit eingebunden werden.

Seitens der Fraunhofer-Gesellschaft sind drei Institute an der Umsetzung des Projekts GreenUp Sahra beteiligt:

  • Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB (Stuttgart)
  • Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT (Oberhausen) sowie
  • Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (Freiburg).

Die Gruppe Innovationsfinanzierung am Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW unterstützt das Crowdfunding-Projekt wissenschaftlich und untersucht mit einem Fragebogen Wirksamkeit, Reichweite und Zufriedenheit der Unterstützer.

 

Finanzierung  

WHATSNEXT fragt Fraunhofer auch bei jungen und innovativen Finanzierungsmodellen. Beim Crowdfuding finanzieren viele Menschen, eine crowd, gemeinsam eine Idee, ein Projekt oder ein Unternehmen. Projektstarter stellen ihr Vorhaben auf einer Crowdfunding-Plattform vor und legen ein Fundingziel sowie die Laufzeit der Crowdfuding-Kampagne fest. Beim »Reward-basiserten Crowdfuding« beitet der Projektstarter kleine Geschenke an, die durch finanzielle Unterstützung erworben werden können.

Die Plattform ​startnext.com funktioniert dagegen nach dem »Alles oder nichts Prinzip«: für die Auszahlung des Geldes muss das Fundingziel innerhalb der Laufzeit der Kampange erreicht werden. Wird das Finanzierungsziel nicht erreicht, wird kein Geld von den Unterstützern bzw. Unterstützerinnen eingezogen. Auf diese Weise helfen auch kleine Spendenbeträge den nächsten Forschungsschritt zu gehen und mehr Bewusstsein für die drängendsten Probleme unserer Zeit zu schaffen.

Für Green-up-Sahara haben sich die Initiatoren der Kampagne das Ziel gesetzt, eine Summe von 15.000 Euro innerhalb von 37 Tagen zu erreichen.