Lebensmittelerzeugung: Wasser als wichtige Ressource
Nachhaltigkeit fordern viele Kunden nicht nur bei industriell erzeugten Produkten ein, sondern gerade auch bei Lebensmitteln – wie der Trend zu Bioprodukten und regional hergestellten Lebensmitteln zeigt. Doch nicht nur aus diesem Grund stehen Landwirte vor der Aufgabe, ihre Prozesse anzupassen: Nach den trockenen Sommern der letzten Jahre fürchten sie darüber hinaus, dass sie ihr jetziges Bewässerungssystem nicht mehr aufrechterhalten können: Es fehlt schlichtweg an Wasser.
Einen Ausweg bietet die hydroponische Pflanzenproduktion, bei der die Pflanzen ähnlich wie Hydrokulturen bei Zimmerpflanzen auf Steinwolle wachsen und mit deutlich weniger Wasser auskommen. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB gingen im Projekt »HypoWave« gemeinsam mit Partnern nun noch einen Schritt weiter Richtung Nachhaltigkeit: »Wir haben untersucht, in welcher Form man Wasser aus Kläranlagen für diesen Anbau nutzen kann, und welche Aufbereitung des Wassers nötig wäre«, sagt Dr. Marius Mohr, Leiter Innovationsfeld Wasser am Fraunhofer IGB. Verschiedene Fallstudien zeigten: Sinn macht das vor allem dort, wo aufgrund der sich immer wieder ändernden Vorschriften eine Erweiterung für das Klärwerk nötig wäre. Denn während die Nährstoffe aus den Abwässern entfernt werden müssen, wenn man sie in die Flüsse einleiten möchte, sind sie für die Pflanzenproduktion gewünscht. »Zudem können wir auf diese Weise kleinere und nachhaltigere Wasserkreisläufe realisieren«, sagt Mohr.
Vor allem in trockenen Gebieten stellt die Wasserversorgung für Pflanze, Tier und Mensch eine Herausforderung dar – etwa in Afrika südlich der Sahara. Zunehmend setzt man dort auf die Entsalzung von Meer- und Brackwasser. Die Umkehrosmose hat dabei zwar einen Marktanteil von 65 Prozent, hat jedoch gravierende Nachteile: »Es wird viel Energie verbraucht, was bei konventioneller Energieerzeugung zu hohen CO2-Emissionen führt. Zum anderen sind aufwendige Anti-Fouling-Prozesse nötig, bei denen die eingesetzten Chemikalien vielfach ins Meer oder Grundwasser gelangen «, erklärt der Koordinator des Projekts ICON WASTEC Dr. Lothar Schäfer vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST. In dem Projekt arbeiten verschiedenen Fraunhofer-Institute mit der Universität Stellenbosch in Südafrika daran, die Effizienz bei der Entsalzung zu steigern und nachhaltige Reinigungsprozesse zu entwickeln, damit Meer und Grundwasser chemikalienfrei bleiben. Weitere Ansätze sind, die Anlagen zu dezentralisieren und mikrobiell belastetes Wasser für die Nahrungsmittelproduktion aufzubereiten.
Wasser ist jedoch nicht nur für die herkömmliche Landwirtschaft ein bedeutender Faktor, sondern auch für die Nahrungsmittelproduktion in Form von Aquakulturen. Dafür gibt es zweierlei Gründe. Zum einen sind die Meere weitgehend überfischt und die Fischbestände müssen durch Fangquoten geschützt werden. Zum anderen wird die pro Kopf verfügbare Ackerfläche knapp, wodurch Aquakulturen für die Nahrungsmittelversorgung immer mehr an Bedeutung gewinnen. Zudem ist Fisch ein ausgezeichneter Futterverwerter: Ein Kilo Futter ergibt ein Kilo Fleisch – bei Schweinen benötigt man dafür etwa drei Kilo Futter, bei Rindern gar bis zu zehn. Dieser Faktor wird immer bedeutender, weil die Weltbevölkerung weiter wächst. Die UNO geht aktuell von einem Wachstum von derzeit 7,7 auf 9,7 Milliarden 2050 aus.
Etwa die Hälfte aller Fische im Handel stammt mittlerweile aus großen Farmen. Doch eine ökologisch sinnvolle Alternative zum Wildfang sind sie häufig nicht. Nahrungsreste und Fischkot erhöhen den Nährstoffeintrag in die Gewässer. Prof. Charli Kruse, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie und Zelltechnik EMB in Lübeck, und sein Team arbeiten an einer Lösung: »Wir entwickeln nachhaltige Anlagen für die Fischzucht, in denen das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf an Land geführt wird. Zudem leiten wir das nährstoffhaltige Abwasser der Fische nicht einfach in die Kanalisation, sondern nutzen es für die Aufzucht anderer Organismen wie Muscheln oder Makroalgen. Wir recyceln also die Abfallprodukte einer Art, indem sie von einer anderen Art aufgenommen werden.« Das Abwasser der Fischzucht wird auf diese Weise nicht nur gefiltert – es entstehen auch zusätzliche Produkte, mit denen sich weitere Einnahmen erzielen lassen. Die offenen Fischfarmen im Meer mit ihren hohen Erträgen können Kreislaufanlagen zwar noch nicht ersetzen. »Man könnte die Massenfischhaltung aber für die Umwelt weniger belastend gestalten, indem man verschiedene Organismen, die die Nährstofflast senken, dort ausbringt«, überlegt Kruse. Und auf diese Weise einen weiteren Schritt in Richtung der nachhaltigen Lebensweise machen, für die die Jugendlichen in ihren Freitagsdemonstrationen auf die Straße gehen.